Angespannte Lage in Apotheken – Medikamente gegen Chlamydien, Syphilis und…

Angespannte Lage in Apotheken – Medikamente gegen Chlamydien, Syphilis und Tripper sind in Berlin knapp Do 18.07.24 | 18:36 Uhr | Von Yasser Speck   24 Bild: dpa/Jens Büttner Chlamydien, Syphilis und Tripper sind Geschlechtskrankheiten. Die Medizin ist mittlerweile so weit, dass Betroffene die Infektionen mit Medikamenten behandeln können. Doch genau diese Medikamente sind in Berlin
Angespannte Lage in Apotheken – Medikamente gegen Chlamydien, Syphilis und…

Angespannte Lage in Apotheken

Medikamente gegen Chlamydien, Syphilis und Tripper sind in Berlin knapp


Do 18.07.24 | 18:36 Uhr | Von Yasser Speck

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Eine Mitarbeiterin sucht rezeptpflichtige Medikamente aus einem Apothekenschrank in der Regenbogen-Apotheke. (Quelle: dpa/Jens Büttner)
Bild: dpa/Jens Büttner

Chlamydien, Syphilis und Tripper sind Geschlechtskrankheiten. Die Medizin ist mittlerweile so weit, dass Betroffene die Infektionen mit Medikamenten behandeln können. Doch genau diese Medikamente sind in Berlin derzeit knapp.

Chlamydien können heimtückisch sein, denn die Infektion kann ausbrechen, ohne, dass der oder die Betroffene es merkt. Es brennt nicht beim Urinieren oder beim Geschlechtsverkehr.

Trotzdem kann die Infektion erhebliche Schäden am Körper anrichten. Deshalb gibt es das Antibiotikum Doxycyclin. Es wird häufig gegen Chlamydien eingesetzt. Doch an diesem Medikament fehlt es derzeit in Berlin.

Zwei Medikamente betroffen

Neben Doxycyclin fehlt es in Berlin aktuell auch noch an einem weiteren Medikament. Auch Azithromycin ist derzeit nur begrenzt erhältlich. Azithromycin ist ebenfalls ein Antibiotikum. Es wird gegen Chlamydien eingesetzt und auch bei der Behandlung eines Trippers. Erik Tenberken ist Vorstand der Vertretung HIV-kompetenter Apotheken (DAHKA). Er weiß, wie es um den Bestand aktuell aussieht. “Wir können bei beiden Wirkstoffen schätzungsweise nur noch 50 Prozent des Bedarfs decken”, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit der Deutschen Aidshilfe.

Auf der Webseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte [bfarm.de] kann man nachsehen, welche Medikamente derzeit knapp sind. Gibt man im Suchfeld Azithromycin und Doxycyclin ein, dann erscheinen beide auf der Liste der Medikamente mit Lieferengpässen.

Eine erhöhte Nachfrage und Mangel an Lagerbeständen werden unter anderem als Gründe für die Lieferengpässe bei Azithromycin angeführt. Bei Doxycyclin sieht es anders aus. Auf der Webseite der BfArM heißt es, dass “unzureichende Produktionskapazitäten” der Grund für den Lieferengpass seien.

Deutsche Aidshilfe fordert Umdenken

Es ist bereits das zweite Mal in diesem Jahr, dass es an Medikamenten, die gegen sexuell übertragbare Krankheiten schützen oder helfen, mangelt. Im Januar wurde das HIV-Medikament PrEP in Berlin knapp. Dass es nun erneut eine Knappheit gibt, würde auf ein grundlegendes Problem hinweisen, schätzt Holger Wicht, Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe mit Sitz in Berlin, ein.

“Die meisten Fabriken für diese Medikamente stehen in Asien. Wenn eine Fabrik im Betrieb gestört ist oder die Lieferwege blockiert sind, dann kommt es schnell zu Lieferengpässen”, erklärt Wicht. Es müsse sich dringend strukturell etwas ändern. “Wir brauchen mehr Produktion in Europa und in Deutschland. Sich von sehr wenigen Fabriken in Asien abhängig zu machen, ist ein großes Risiko.”

Der Lieferengpass an Doxycyclin soll laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bereits Ende Juli enden. Azithromycin wird noch eine Weile länger knapp sein. Ende August soll der Engpass mit Tabletten behoben sein, heißt es auf der Webseite des BfArM. Das Medikament gibt es auch in Pulverform. Mitte September soll es auch in dieser Form wieder im gewohnten Umfang erhältlich sein.

Die häufigsten Geschlechtskrankheiten

Eine Infektion mit Chlamydien ist eine häufig auftretende Geschlechtskrankheit. Chlamydien sind Bakterien, die Entzündungen in der Harnröhre, in der Gebährmutter und im Enddarm auslösen können. Sie können auch im Rachen auftreten und übertragen sich bei allen sexuellen Praktiken, bei denen es zu direktem Kontakt mit infektiösen Schleimhäuten oder Körperflüssigkeiten kommt.

Auch Syphilis ist eine Bakterieninfektion. Die Geschlechtskrankheit macht sich eine Zeit lang nicht bemerkbar und kann so unwissentlich weitergegeben werden. Es kann aber auch zu Entzündungen an der Stelle kommen, an der der Erreger in den Körper eingedrungen ist. “Nach etwa zwei Monaten kann es zu Beschwerden wie Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen kommen. Häufig bilden sich Hautausschläge und Belag auf der Zunge”, schreibt die Deutsche Aidshilfe auf ihrer Webseite.

Wird die Krankheit nicht behandelt, kann es zu drastischen Folgen kommen. “Auch die Organe und das Nervensystem können geschädigt werden – bis hin zu Taubheit, Blindheit und geistigem Verfall”, so die Deutsche Aidshilfe weiter.

Der Tripper wird medizinisch auch Gonnorrhö genannt und ist eine der am häufigsten auftretende Geschlechtskrankheiten. Das liegt unter anderem daran, dass die Bakterien sehr leicht übertragbar sind. Sie werden nicht nur beim ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen, sondern auch beim Oralverkehr oder über Hände und Sexspielzeuge. Hat man sich mit Tripper infiziert, dann kommt es meist schon nach wenigen Tagen zu “Entzündungen mit Jucken und Brennen sowie unterschiedlich starker Bildung von Eiter”, heißt es auf der Internetseite der Deutschen Aidshilfe. Wird Tripper nicht behandelt, kann er zu Entzündungen in der Prostata oder sogar zur Unfruchtbarkeit führen.

Vor allen drei Geschlechtskrankheiten kann man sich mit Kondomen und dem regelmäßigen Säubern der Sexspielzeuge schützen. Für Menschen mit regelmäßig wechselnden Geschlechtspartnerinnen und Geschlechtspartnern empfiehlt die Deutsche Aidshilfe regelmäßige Tests.

Beitrag von Yasser Speck


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24 Kommentare

  1. 24.

    Da bin ich nicht dafür. Dann würden die KK-Beiträge nur wieder steigen – muss nicht sein. Man ist schon ziemlich selbst dafür verantwortlich, sich vor Geschlechtskrankheiten zu schützen, finde ich. Wenn man viele verschiedene Geschlechtspartner hat, sollte man selbst dafür Sorge tragen, dass man nicht alles aufgabelt – am Besten Kondome nutzen. Wer das nicht möchte, kann sich ja testen lassen – dann aber auf eigene Kosten (Stichwort: Selbstverantwortung).

  2. 23.

    Solange es Mediziner gibt, die Schnappatmung bekommen, wenn man mit konkretem Verdacht einen Test möchte, senkt das aber nicht die Hemmschwelle möglicher Betroffener. Da kann die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Werbung machen wie sie will. Und die mittlerweile auch online erhältlichen Selbsttests sind nicht die Lösung, weil bei falscher Anwendung die Auswertung nicht möglich ist, man also evt. dennoch ansteckend ist. Zudem müssen sie ggf. immer noch zum Arzt. Hier sollte also wirklich mindestens beim Gesundheitscheck ein großes Blutbild inkl. aller STI drin sein. Ohne pfui-bäh.

  3. 21.

    Erstens (und das besonders an die, die jetzt mit selber schuld, was ham die auch nicht aufgepasst argumentieren wollen) beide genannten Medikamente sind Breitbandantibiotika und werden AUCH gegen STDs eingesetzt. Viel öfter aber gegen viele andere ‘nicht pfui-bah’ Infektionen.

    Zweitens bin ich schon sehr gespannt, wie das mit der Verlagerung von Produktionskapazitäten nach Europa laufen wird. Ein neues Werk in der Chemieproduktion hier genehmigt bekommen, das wird lustig. Sichere Lieferketten wollen alle gerne, eine Chemiefabrik im Ort aber nicht.

    Antibiotika (und Zytostatika)können übrigens immer schwerer in Produktionsstätten gefertigt werden, die auch andere Wirkstoffe herstellen. Kreuzkontamination soll verhindert werden und das führt zunehmend dazu, dass ‘normale’ Werke beide Wirkstoffgruppen aus dem Sortiment werfen. Auch dadurch gibt es immer weniger Standorte für die Antibiotikaproduktion.

  4. 20.

    “Hauptsache billig” ist eben längst nicht immer eine gute Devise.”

    Wobei man hier auch “Hauptsache billig” mit “Hauptsache möglichst niedrige Produktionskosten” übersetzen kann.

    Das erhöht den Profit.

  5. 19.

    Kurz selbst recherchieren wäre zuviel verlangt? Die Ansteckungen explodieren in Berlin, daher auch die erhöhte Nachfrage nach Medikamenten. Logisch, oder.

  6. 18.

    Gibt es in Deutschland oder innerhalb der EU noch ausreichend Produktionskapazität für Kondome?

    Dann könnte man wenigstens noch für ausreichende Prävention sorgen…

  7. 17.

    Allerdings gibt es gerade auch zunehmend keuchhustenfälle.

    Da Clarithromycin aktuell oft nicht lieferbar ist, wird hier teilweise auch z.B. auf Azithromycin ausgewichen.

    Es muss also nicht unbedingt ein Anstieg der SDS-Infektionen ursächlich für einen Mangel sein.

  8. 16.

    “Eine erhöhte Nachfrage …” Gibt es denn einen Grund für die erhöhte Nachfrage? Eine Statistik zu den Geschlechtskrankheiten aufgeschlüssselt auf verschiedene Bevölkerungsgruppen wäre sinnvoll gewesen – sowas wäre doch sicher für die Redaktion vom RKI beschaffbar gewesen als Hintergrundinformation.

  9. 15.

    die in Rede stehenden Geschlechtskrankheiten gibt es weltweit, entsprechend hoch dürfte die Nachfrage nach den genannten Medikamenten sein . Wenn die nun gerade in Berlin knapp sind , ist der Mangel hausgemacht ?

  10. 14.

    Doxycyclin , Azithromycin gibt es schon lange .

    “unzureichende Produktionskapazitäten” als Grund für den Lieferengpass sind wenig glaubwürdig oder die Produzenten wurden vergrault

  11. 13.

    Ein bekanntes Problem, was offensichtlich von einem zum anderen Medikament wandert. Mal gibt es das nicht und mal dies.. Auch die Ursachen sind bekannt und werden von den Verantwortlichen hingenommen. Was machen wir nun? Kein Sex bis es wieder Medikamente gibt. Kondome benutzen… mehr Aufklärung zum Thema Geschlechtskrankheiten…..

  12. 12.

    ” Sich von sehr wenigen Fabriken in Asien abhängig zu machen, ist ein großes Risiko.”

    ach was ! bezieht sich auch nicht nur auf Medikamente

  13. 10.

    Lieferkette ist das neue Hamwanich.

  14. 9.

    Wenn dem so wäre, dann würden die Medikamente von dort importiert. Ist schließlich EU-Binnenmarkt. Es gibt genügend Firmen, die dann umpacken und deutsche Etiketten und Beipackzettel dazu geben.

  15. 8.

    Die allgegenwärtige Discountmentalität treibt auch solche Blüten!
    “Hauptsache billig” ist eben längst nicht immer eine gute Devise.

  16. 7.

    “So werden Lagerbestände dann vorrangig dort verkauft wo es mehr Geld dafür gibt oder ggf wird sogar damit spekuliert.”

    ….stimmt genau, das kommt dann auch noch dazu. Mir hat ein Apotheker mal erzählt, dass in Skandinavien fast alle Medikamente lieferbar sind, weil dort mehr dafür gezahlt wird.

  17. 6.

    Dem Artikel nach ist die Vertriebsstruktur nur ein Teil des Problems. Wie bei vielen heutzutage wichtigen Produkten, sitzen sowohl Zulieferer von chemischen Stoffen als auch Endfertiger der Medikamente in Asien. Wenn es zu Störungen in so einer Firma kommt, gibt es ggf weltweite Auswirkungen. So werden Lagerbestände dann vorrangig dort verkauft wo es mehr Geld dafür gibt oder ggf wird sogar damit spekuliert.
    Das kann aber auch sein, dass die Fabrik das selbst verursacht. Oder ein Land…

  18. 5.

    You get what you pay for. Wie immer im Leben. Doxycyclin ist eines der billigsten Antibiotika, die auch gerne im Bereich HNO eingesetzt werden, weil kostengünstig. Azithromycin wird so gerne genommen, weil es eine 3 oder 5 Tages Therapie gibt. Für die, die es nicht schaffen, 10 Tage lang regelmäßig ein Medikament einzunehmen…

    Nachdem es aber sehr viele Tetracycline mit gleichem Wirkspektrum gibt, könnte ein Arzt, natürlich das Budget belastend, ein anderes Antibiotikum verordnen und fertig ist das Problem. Aber gut, you get what you pay for. Auch hier wieder mal.

    Das gilt natürlich für die Produktion in Asien auch. Billig billig – und nicht verfügbar. Es gibt übrigens auch wieder eine Logistik Krise in Asien. Containerschiffe stauen mal wieder. Macht es nicht einfacher mit Billiglohnländern…

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