Berlin. In der Steppe tauchen immer wieder historische Kessel auf, berichtet unser Archäologie-Experte. Was uns die Essensreste verraten.
Ich persönlich begeistere mich ja sehr für reiternomadische Völker. Dabei ist mir die Zeitstellung relativ egal, sprich: ob es sich um hunnische Verbände, Awaren, Ungarn oder Mongolen handelt. Auch wenn ich mich im Mittelalter „zu Hause“ fühle, finde ich die Vorgeschichte unglaublich faszinierend. In diesem Beitrag können wir beide Bereiche verknüpfen – denn es gibt spannende neue Erkenntnisse zur Ernährung mongolischer Nomaden aus der Bronzezeit.
Archäologen entdecken Blut und Milch in Metallkesseln
Ein internationales Forschungsteam hat umfassend die Proteinrückstände in zwei Metallkesseln untersucht, die aus dem Norden der Mongolei stammen. Gefunden wurden diese, zusammen mit weiteren Artefakten, von Hirten im Jahr 2019. Durch die Datierung anhand der Radiokarbonmethode können die zwei Objekte auf ein Alter von rund 2700 Jahren bestimmt werden. Wir befinden uns also in der späten Bronzezeit.
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Identifizieren konnten die Wissenschaftler darin Reste von Blut. Dieses stammt vor allem von Schafen und Ziegen. Wie interpretiert man nun dieses Ergebnis?
Als Archäologe lohnt sich häufig der Blick zu den Historikern. Zwar befinden wir uns in einer nicht-schriftlichen Zeitepoche, also noch ohne schriftliche Aufzeichnungen. Doch gibt es historische Berichte aus anderen Zeitstellungen, die von Steppenbewohnern berichten, welche regelmäßig Blut tranken.
Blutwurst und Joghurt: Steppennomaden machten vermutlich Essen haltbar
Sieht man sich danach noch die heutigen mongolischen Bräuche im kulinarischen Bereich an, dann liegt die Vermutung sehr nahe, dass die Kessel zum Auffangen des Bluts bei der Schlachtung dienten, um Blutwürste herzustellen. Generell ist die Produktion von Wurst eine wichtige Konservierungsmethode im Kontext von Steppennomaden.
Ebenfalls sehr interessant ist, dass neben den Resten von Blut auch Spuren von Milch erhalten waren. Diese stammen vor allem von Hausrind und vom Yak-Rind. Bisher hatte man angenommen, dass Yaks erst viel später in der Mongolei domestiziert und folglich gemolken wurden. Die Forschenden vermuten, dass die Milch in den Bronzekesseln möglicherweise fermentiert wurde, um auch sie – als Joghurt – haltbar zu machen. Es ist aber auch möglich, dass die Milch Bestandteil der Wurstherstellung war.
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Die angesprochenen Kessel werden über die eurasische Steppe verteilt regelmäßig gefunden. Bis jetzt konnte man aber über deren Verwendung nur mutmaßen. Wie auch im Falle der hier vorgestellten Funde werden diese meist von Hirten in den Bergen oder bei Flussbetten entdeckt. Sie wurden also in den seltensten Fällen archäologisch ausgegraben. Bis zu den aktuellen Untersuchungen konnte man nur spekulieren, was der Zweck dieser Objekte war.
Ernährung: Kulinarische Einblicke in die Vergangenheit
Ich finde, diese Nachricht ist mal wieder ein schönes Beispiel dafür, wie aufschlussreich einzelne, gut erhaltene Funde sein können. Mit den Ergebnissen können nun alte Funde richtig interpretiert werden und kommende neu entdeckte Objekte gleich in den richtigen Kontext gestellt werden.
Unser Experte
Archäologe Konstantin Kárpáty ordnet regelmäßig spannende Funde oder Neuigkeiten ein und gibt Einblicke in seine Arbeit. Kárpáty ist Doktor der Archäologie im Bereich Frühgeschichte und betreibt die Social-Media-Kanäle „ Excavation Time“ und den Podcast „Ausgegraben“. Nach seinem Studium und Doktortitel an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München arbeitet er als Ausgräber und Grabungsleiter, auf privaten und öffentlichen archäologischen Ausgrabungen.
Auch ergeben sich völlig neue Forschungsansätze, wie beispielsweise zur Domestizierung des Yaks. Hier könnte man sich nun nochmal gezielt auf entsprechende Knochenfunde konzentrieren. Für die, die es gern etwas praktischer haben, würden sich Experimente zur Blutwurst- oder Joghurtherstellung mit Nachbauten der historischen Kessel lohnen.
Auch gewinnen wir so kulinarische Einblicke in die Vergangenheit, ganz ohne Kochbücher oder Rezepte – und damit einen guten Appetit!
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