Am schlimmsten traf es die Hamburger. In rosafarbenen Trikots mussten die Spieler des HSV Mitte der siebziger Jahre auf dem Fußballfeld auflaufen, blütenweiße Dackelohrkragen kontrastierten den Bonbonton. Die Männer sahen aus wie eine Gymnastikgruppe aus Alices Wunderland, nicht wie ernst zu nehmende Fußballspieler. Das Design sollte auf groteske Weise mehr Frauen in die Stadien locken, machte am Ende aber nur offenbar, dass dieses Trikot ziemlich hässlich geraten war. Ein Umstand, der im Fußball leider Tradition hat.
Zu Beginn einer neuen Bundesliga-Saison gibt es für jeden Verein ein neues Trikot, das die Sportler schon bei den letzten Begegnungen der auslaufenden Spielzeit vorführen. Nach ihrem Vorbild können sich Fans in der spielfreien Trockenzeit mit den aktuellen Zwirnen der Vereine eindecken. Profifußballer arbeiten auf dem Spielfeld eben immer auch als Schaufensterpuppen, auch wenn sie sich wie modische Trendsetter präsentieren.
Mode und Fußball haben mehr Gemeinsamkeiten, als dass Trainer wie Jogi
Löw oder Pep Guardiola sie in Form von blauen Glückspullovern oder
rissfesten Anzughosen am Spielfeldrand präsentieren. Beide Metiers leben von einem schnellen Geschäft und beide Branchen werden ihrer
Uniformen nur allzu eilig überdrüssig.
Der karierte Prada-Mantel, den noch vor sechs Monaten alle Pariser
Stilikonen trugen? Längst aussortiert. Das Trikot mit schwarz-roten
Blockstreifen, in dem die Spieler von Eintracht Frankfurt im letzten
Jahr kickten? So last season.
Leider steht der saisonale Trikotwechsel beim Fußball nicht im Dienste einer
fortschrittlichen Ästhetik. Die neuen Entwürfe sollen einzig einen neuen
Kaufanreiz liefern, mehr nicht. Welcher Fan singt schon gerne im Hemd der
letzten Spielzeit? 2,32 Millionen Bundesliga-Trikots wurden in der
Saison 2013/2014 verkauft, davon allein 1,3 Millionen vom FC Bayern
München. Während der Verein und Sportartikelhersteller an der Loyalität
der Fans verdienen, leidet der Stil. Wie soll man auch als
Trikotdesigner
alljährlich ein neues Hemd ersinnen, das schöner ist als das vom Vorjahr? Die Variablen sind beschränkt, und die stete Umgestaltung hat meist das genaue Gegenteil zur Folge, das zeigen auch die aktuelle Kollektionen der Bundeligisten.
Bei Mönchengladbachs uninspiriertem Trikot besteht das Design lediglich aus einem schwarz-grünen Streifen, umso mehr leuchtet der zitronengelbe Sponsoren-Balken. Das Leibchen von Hoffenheim erinnert an eine Power-Point-Hintergrundvorlage mit Farbverlauf und dynamischem Linienmuster. Besser haben es die Frankfurter getroffen, sie spielen im schwarzen Hemd mit dezenten roten Linien, das Nadelstreifenmuster passt gut zur Finanzstadt. Dagegen wirft das Mainzer Trikot Fragen auf: Was soll der hodensackförmige Kragenausschnitt bedeuten?
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In den fünfziger Jahren waren die Sporthemden mit zeitgenössischen Besonderheiten wie etwa einer schwarzen Raute auf der Brust geradezu modisch und straßentauglich gestaltet. Die Sechziger wollten mit Schnürungen am Kragenausschnitt Lässigkeit signalisieren, dementsprechend fielen auch die dazugehörigen Shorts bedenklich kurz aus. Noch bei der Weltmeisterschaft 1974 klaffte zwischen Fußballerhotpants und Schienbeinschonern überraschend viel nacktes Fußballerbein. Im Gegenzug wurden die Oberbekleidung züchtiger: mit breiten Kragen, wie man sie damals auch abseits des Rasens gerne trug. Bei Werder Bremen spielten die Männer zeitweise sogar in rot-weiß gestreiften Hemden mit Puffärmeln, glücklicherweise ein Einzelfall in der Bundesligamode. In den neunziger Jahren fielen die Trikots plötzlich so weit aus wie noch nie. Die breiten Kragen wurden durch kleine V-Ausschnitte ersetzt, die Ärmel wurden länger, die Silhouette insgesamt luftiger und klotziger. Heute scheint die Fußballkleidung in erster Linie den gestählten Körper des Spielers betonen zu wollen. Schmal, aber nicht zu eng geschnittene Trikots schmeicheln Bizeps und Waschbrettbauch, die Hosen sind knielang wie die Badeshorts amerikanischer Teenager.
Kaum eine Sportlergruppe ist so schlecht gekleidet wie die der
Fußballer. Tennisspieler sehen in ihren weißen Hemden, Shorts
oder Faltenröcken fast elegant aus, der
Wimbledon-Stil wird in der Modewelt immer wieder gern zitiert. Ebenso
die körperbetonte Silhouette
der Leichtathleten und sogar American Football ist eine wiederkehrende
Inspirationsquelle der Designer. Dass die Garderobe der Fußballspieler
jemals Einzug in die Modewelt haben wird, ist nahezu ausgeschlossen.
Nicht zuletzt macht die Reklame der Sponsoren
jeden Anflug von Ästhetik zunichte. Ein Trikot könnte noch so
meisterhaft geschneidert sein, mit einem übergroßen Supermarktlogo auf
der Brust wird man dies nicht mehr erkennen.
Ein bisschen Stil, Eleganz und Understatement würde auch dem Fußball guttun. Bei Hertha BSC hätte es was werden können: Der Verein hatte bis vor Kurzem keinen Sponsor gefunden. Ein erfreulicher, wenn auch unfreiwilliger Versuch in Richtung Ästhetik. Jetzt werden die Berliner von einem Sportwettenanbieter gesponsert. Dabei sah das Trikot mit seinen frischen, blauweißen Farbblöcken fast schon gut aus. Kein grelles Konzernwappen, kein unförmiges Logo lenkte von der Kunst ab, um die es in der Bundesliga doch eigentlich gehen sollte: der des guten Fußballspiels.
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Am schlimmsten traf es die Hamburger. In rosafarbenen Trikots mussten die Spieler des HSV Mitte der siebziger Jahre auf dem Fußballfeld auflaufen, blütenweiße Dackelohrkragen kontrastierten den Bonbonton. Die Männer sahen aus wie eine Gymnastikgruppe aus Alices Wunderland, nicht wie ernst zu nehmende Fußballspieler. Das Design sollte auf groteske Weise mehr Frauen in die Stadien locken, machte am Ende aber nur offenbar, dass dieses Trikot ziemlich hässlich geraten war. Ein Umstand, der im Fußball leider Tradition hat.
Zu Beginn einer neuen Bundesliga-Saison gibt es für jeden Verein ein neues Trikot, das die Sportler schon bei den letzten Begegnungen der auslaufenden Spielzeit vorführen. Nach ihrem Vorbild können sich Fans in der spielfreien Trockenzeit mit den aktuellen Zwirnen der Vereine eindecken. Profifußballer arbeiten auf dem Spielfeld eben immer auch als Schaufensterpuppen, auch wenn sie sich wie modische Trendsetter präsentieren.