Colleen Hoovers „Nur noch ein einziges Mal“: Der Feind in meinem Bett
Die Bestsellerverfilmung von Colleen Hoovers „Nur noch ein einziges Mal“ warnt vor häuslicher Gewalt und verteidigt zugleich konservative Werte.
Vielleicht ist es ungerecht, von populären Beststellern nur durch ihre Verfilmungen Notiz zu nehmen. So wenig, wie sich Bücher nach ihren Einbänden beurteilen lassen wollen, eignen sich dazu bekanntlich ihre Leinwandadaptionen. Allerdings sind Hollywoodstudios heute auch nicht mehr so rabiat im Umschreiben wie in der Vergangenheit. Wer wollte es sich schließlich mit den sozial vernetzten Fans der Vorlagen verscherzen? Schließlich bestimmen sie, weit mehr als die klassische Kritik, den Massenerfolg von Romanen wie „Nur noch ein einziges Mal“.
Dessen Autorin, die aus Texas stammende Colleen Hoover, ist selbst so etwas wie ihr eigenes Filmstudio. Ihre zahlreichen Werke folgen ähnlichen Genre-Kategorien wie „New Adult“, „Young Adult“ und Psychothriller und lassen schnell Fortsetzungen und Spin-Offs folgen. Diese erste (angeblich inhaltstreue) Kinoadaption eines ihrer Werke wird wohl kaum die letzte bleiben.
Die Schauspielerin Blake Lively, die den Film auch produzierte, spielt eine sympathische Frau Anfang dreißig. Wenn sie zu Beginn in einer Beerdigungsszene wenig Gutes über ihren verstorbenen Vater zu sagen weiß, muss das seine Gründe haben. Und natürlich ist dies nicht die Art Geschichte, bei der psychologisierende Hintergründe vergessen werden würden. Hier hat der Film offensichtlich noch einiges in petto, auch wenn wir zunächst einer rasanten Erfolgsgeschichte folgen.
Im Herzen von Boston eröffnet die junge Frau im wohl letzten noch unentdeckten, urigen Ladenlokal ein Blumengeschäft. Ihr Name scheint dabei Berufung genug: Lily Bloom. Mit einem Händchen fürs Dekorieren gesegnet, kann sie für ein minimalistisches Sträußchen stolze 51 Dollar verlangen. Und wenn der Käufer zugleich ihr Verehrer ist, kann eigentlich wenig schiefgehen. Oder doch? Regisseur Justin Baldoni spielt selbst die Rolle des äußerst attraktiven Neurochirurgen Ryle Kincaid, der das bezahlte Sträußchen gleich an die Floristin selber liefern lässt.
Wenn erfolgreiche Akademiker in Hollwoodfilmen aussehen, als seien sie in Wahrheit Striptease-Tänzer bei den Chippendales, ist meist Vorsicht geboten. Ein kleines Alarmglöckchen hat Lily Bloom zwar bereits beim romantischen Kennenlernen auf dem eigenen Hausdach läuten hören, doch das galt allein dem offensichtlichen Womanizer. So lässt sie ihn einfach ein paar Wochen schmoren, bis er überhaupt nicht mehr von ihr lassen will.
Dass – wie es der Zufall will – auch noch Lilys beste Freundin seine Schwester ist, kann einer Heirat erst recht nicht hinderlich sein. Wäre da nur nicht dieser andere Mann in Lilys Leben. Der heißt Atlas Corrigan und besitzt zufällig das Lieblingsrestaurant des jungen Paares. Auch er ist Lily hoffnungslos verfallen, seit er in ihr die einstige High School Freundin wiedererkannt hat.
Rückblenden mit den digital verjüngten Schauspielern haben uns längst in ihre Geschichte eingeweiht. Auf der Flucht vor einem brutalen Vater hatte er bei ihr eine Zuflucht gefunden, bis ihn dann Lilys eigener, gewalttätiger Erzeuger aus ihrem Jugendzimmer geprügelt hat. Und nun erweckt die bloße Erinnerung an Lilys erste Liebe, manifest in einem winzigen Herzchen-Tattoo, in Ryle ähnlich brutale Züge.
Nichts gegen vermeintliche Romanzen, die ein ernstes, relevantes Thema transportieren. Häusliche, von männlichen Partnern ausgeübte Gewalt inspirierte schon in der Vergangenheit erfolgreiche Genrefilme wie „Der Feind in meinem Bett“, und das vermutlich noch weit seltener als in der Gesellschaft präsent.
Die Schattenseite dieser Genredramaturgien ist dabei jedoch oft, dass die Frauen lediglich in Abhängigkeit zu diesen Männerfiguren definiert werden.
Obwohl der Film einen beträchtlichen Teil seiner Überlänge auf Rückblenden verwendet, bleiben gerade die Frauenfiguren erschreckend blass. Neben Lily ist das die von Jenny Slate gespielte Schwester ihres Liebhabers und Peinigers. Der Lebenserfolg der beiden Frauen bemisst sich am erreichten materiellen Wohlstand, charakterisiert werden sie ansonsten durch traumatische Kindheitserinnerungen, aus deren Schatten sie sich beherzt befreien.
Die Unterschicht ist dabei etwas, dem es zu entkommen gilt, und der Amerikanische Traum ist dafür noch intakt: Ob Luxusrestaurant oder Blumenladen – mit der richtigen Einstellung schafft man es schnell in die Top-Ten-Auswahl des Bostoner Stadtmagazins. Oder man macht es wie Jenny und heiratet einfach einen netten Finanzmanager, der sich in jungen Jahren reichgezockt haben muss.
Es ist schon erstaunlich, wie dieser Film einerseits ein berechtigtes soziales Anliegen verfolgt, die Warnung vor häuslicher Gewalt von Männern, ohne dabei jedoch mit einem Sozialdrama verwechselt werden zu wollen. In der Gesellschaft, in der er spielt, sind naive Wohlstandsversprechen so präsent wie bei einem Wahlkampfauftritt von Donald Trump. Soziale Ungleichheit ist etwas, vor dem man betreten wegschaut, falls man sie überhaupt bemerkt. Und wo nicht Persönlichkeit, sondern Leistung zählt, stört es niemanden, wenn auch die erzielte Anerkennung nur das Äußerliche meint.
So ist das eigentliche Genre dieses Films also der Gruselfilm. Auch beim erwartbaren Happy-End kann einem diese Feier republikanischer Werte einen kalten Schauer einjagen.
Nur noch ein einziges Mal . USA 2024. Regie: Justin Baldoni. Mit Blake Lively, Justin Baldoni, Jenny Slate. 131 Min.