Das Album „Fine Art“ von Kneecap: In einem Pub namens Rutz

Startseite Kultur Musik Das Album „Fine Art“ von Kneecap: In einem Pub namens Rutz Stand: 08.08.2024, 16:31 Uhr Von: Stefan Michalzik Kommentare Drucken Teilen In der Autonomiefrage eindeutig: Kneecap aus Belfast. Foto: Peadar ó Goill © Peadar ó Goill Das auf Gälisch rappende nordirische Hip-Hop-Trio Kneecap mit dem furiosen Debütalbum „Fine Art“. Eine rebellische Stimme einer
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In der Autonomiefrage eindeutig: Kneecap aus Belfast. Foto: Peadar ó Goill
In der Autonomiefrage eindeutig: Kneecap aus Belfast. Foto: Peadar ó Goill © Peadar ó Goill

Das auf Gälisch rappende nordirische Hip-Hop-Trio Kneecap mit dem furiosen Debütalbum „Fine Art“.

Eine rebellische Stimme einer Generation in Nordirland sind sie genannt worden. Seit sieben Jahren schon machen Kneecap international Furore, nun erst liegt das Debütalbum des aus Belfast stammenden Hip-Hop-Trios vor. Die Länge von „Fine Art“ beläuft sich auf vinyldimensionale 38 Minuten. Zwölf Songs, mit hörspielartigen Interludien, alles fokussiert auf den Punkt. Prall und üppig stellt sich dieses furiose Meisterwerk dar, an den Postpunk anknüpfend verbinden Kneecap Rap mit Stilen vor allem aus der elektronischen Tanzmusik. Und sie rappen auf Gälisch.

Die Verwendung der eigenen Sprache – gänzlich auf das Englische möchten sie allerdings nicht verzichten – stellt ein Statement dar, eine Manifestation der irischen Identität. Vor fünf Jahren hatte das Trio um die beiden Rapper Naoise Ó Cairealláin alias Móglaí Bap und Liam Óg Ó Hannaidh alias Mo Chara sowie JJ Ó Dochartaigh alias DJ Provaí eine Tournee unter das Motto „Farewell to the Union“ gestellt – zugunsten einer republikanischen Einheit der Insel, wider die britische Kolonisierung.

Bei „Fine Art“ handelt es sich um ein Konzeptalbum. Das fiktionale Pub namens „Rutz“ ist ein Ort des Sozialen, einer für das Erzählen von Geschichten um Liebe in Zeiten des Internets, Alkohol, Drogen, Party – und natürlich geht es in den Songs um Politik. Mit dem Karfreitagsabkommen von 1998 war die kriegerische Gewalt Geschichte, doch wer in Nordirland aufwächst, sieht sich immer noch mit dem Konflikt zwischen Republikanern und Unionisten konfrontiert. Der Name der Band bezieht sich auf das Kneecapping, eine einst von der IRA praktizierte Methode der Bestrafung durch einen Schuss in die Kniescheibe.

Das Album schließt an die britische Hip-Hop-Tradition einer Loslösung von den im Genre tradierten Sounds an. Entstanden ist es unter der Studioregie des englischen Produzenten und DJs Toddla T. Die Musik lässt sich als Feier des Hedonismus verstehen, durchmischt mit einer Portion bärbeißigem Humor.

Das introspektive „3CAG“ eingangs bezieht sich auf die keltische Musikkultur. „I’m Flush“ ballert mächtig, mit einer Note von Punk und schönen Grüßen an Mike Skinner von The Streets. Grian Chatten von der irischen Postpunkband Fontaines D.C. rap-belfert in „Better Way to Live“. Kneecap eignen sich Stile aus der elektronischen Popmusik an, wie Garage („Love Making“), Technohouse („Rhino Ket“). Oder prolligen Eurodance, in „Parful“.

In dieser Nummer tauchen Interviewschnipsel aus dem Dokumentarfilm „Dancing on Narrow Ground“ (1994) auf, eine Reminiszenz an die Raveszene im Nordirland der 90er Jahre und ihr einendes Potenzial. Anfang des Jahres hat die britische Regierung der Band ein bereits zugesagtes Fördergeld verweigert, wegen Kneecaps pointierter Radikalität in der Autonomiefrage.

Doch so entschieden ihr Standpunkt ist, von einem politischen Sektierertum grenzen sich Kneecap ab. Die Gemeinschaften in der (nationalistischen) Falls Road und der (loyalistischen) Shankill Road, erklärte Moglái Bap in einem Interview, litten unter den gleichen Problemen wie Armut und einer hohen Suizidrate. Es gehe darum, fügte Próvaí an, die Systeme zu dekonstruieren, die die Armut, den Hass und die Morde hervorgebracht haben.

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