Die Strömung macht ihr Sorgen
Leonie Beck fremdelt mit der Seine
Es war ein steiniger Weg von den Anfängen im Freiwasser bis nach Paris. Nach den Olympischen Spielen 2016 wagte Leonie Beck, zuvor im Becken unterwegs, den Sprung in ein neues Abenteuer. Und kam anfangs mit blutigen Augen aus dem Wasser wieder raus, wie sie erzählt. Die gebürtige Augsburgerin musste lernen, im Feld zu schwimmen, die Ellenbogen auszufahren, sich zu behaupten.
Das gelang. Beck ist dreifache Weltmeisterin, hat bei den Europameisterschaften in Belgrad dieses Jahr ihren Titel über die 10 Kilometer verteidigt. Da gehört sie auch in Paris am Donnerstag zu den großen Favoriten. Wenn da nicht die Seine wäre … „Es gibt ja einen Grund, warum dort seit 1923 nicht mehr geschwommen wurde“, sagt sie. Die Strömung bereitet Sorgen, die Unsicherheit, ob der Wettkampf auch wirklich wie geplant durchgezogen wird. Beck hat sich im Höhentrainingslager in Livigno in den letzten Wochen gezielt auf diesen Tag vorbereitet.
Aber die 27-Jährige ist mental gefestigt. Hat gelernt, mit Misserfolgen umzugehen. „Dadurch, dass ich schon so viele hatte, kann ich das schnell verarbeiten. Es war ein harter Weg bei mir. Ich lasse mich durch Rückschläge nicht aus der Bahn bringen. Ohne Tiefen gibt es auch keine Höhen.“
Bei den Spielen in Tokio schwamm Beck auf den fünften Platz und knapp an einer Medaille vorbei. Jetzt ist die Erwartungshaltung eine andere, das spürt sie. „Es ist einfacher zu jagen und an die Spitze zu kommen, als dort zu bleiben und gejagt zu werden. Nach der WM im letzten Jahr hieß es dann sofort: Jetzt muss Olympia-Gold kommen. Man kann nicht immer gewinnen, wir sind keine Superhelden.“
Beck vermarktet sich über Social Media selbst, hat so Sponsoren gewonnen und sich eine eigene Plattform erschaffen. Sie trainiert und lebt in Italien, neun Athleten ihrer Trainingsgruppe haben sich auch für Paris qualifiziert. „Das Wetter spielt eine große Rolle. Die Sonne tut gut. Aber das Training ist überall hart und muss überall gemacht werden. Das kann man sich nicht schönreden.“
Die schönen Bilder aus Paris, die neuen Idole, die entdeckt werden, die Randsportarten im medialen Fokus. Beck erhofft sich davon einen nachhaltigen Effekt. „Ich habe das Gefühl, dass es in Deutschland wieder mehr positive Vorbilder geben sollte. In Italien ist das anders, hier sind erfolgreiche Sportler wirklich Idole und Helden des Landes“, sagt sie: