Berlin. Erst 28 Jahre nach „Twister“ kommt ein neues Filmdrama über Wirbelwinde: „Twisters“. Der hat auch mehr Tiefgang. Zumindest ein wenig.
Unter den Wetterereignissen im Kino ist der Tornado zweifellos einer der fotogensten: Seine vom Horizont bis zur Wolkendecke reichende Höhe lässt ihn fast wie ein Godzilla-Monster erscheinen, was von der tänzelnden Bewegung nur noch unterstrichen wird. Kaum ein meteorologisches Phänomen eignet sich besser dazu, die Rolle des Bösewichts einzunehmen, bei dessen Bekämpfung sich verschiedenste Helden und Heldinnen bewähren können.
Ahnung und Bauchgefühl für die Wetter-Monster
Jan de Bonts „Twister“ von 1996 machte Wind, Hagel und Sturm denn auch zum zentralen Leinwandgeschehen mit lediglich einem Minimum an Charakter-Story drum herum. Dass Helen Hunt und Bill Paxton, zu Beginn des Films kurz vor der Scheidung, doch wieder zusammenfinden würden, war damals schon in der ersten Szene klar. Die ganze Spannung lag darin, wieviel Hausdächer, Autowracks und Strommasten die diversen Windhosen des Films noch mit sich reißen würden.
„Twister“ war seinerzeit ein großer Kassenerfolg. Dass nun erst 28 Jahre später eine Art Sequel ins Kino kommt, liegt weniger am Thema als an technischen Beschränkungen. Die Spezialeffekte zur visuellen Reproduktion eines Tornados sind aufwendig, während andererseits die Verfügbarkeit von Smartphone-Kameras mittlerweile Aufnahmen von ganz realen bedrohlichen Wettererscheinungen in den sozialen Medien zu etwas Alltäglichem gemacht haben.
Lesen Sie auch: Seelenschocker mit Kristen Stewart: „Love Lies Bleeding“
Lee Isaac Chungs „Twisters“ kann sich also nicht mehr allein auf den Thrill der faszinierenden Wetterdarstellung verlassen und setzt darauf, seinen Figuren mehr Tiefe und Konflikt zu verleihen. In der Auftaktsequenz lernt man so den Freundeskreis um Kate (Daisy Edgar-Jones aus „Normal People“) kennen, die im Flachland von Oklahoma den Tornados hinterher jagt. Sie will das Gegenmittel finden und sie unschädlicher machen.
Ein Trauma mit tödlichen Folgen
Wenn die rehäugige Kate den Blick gen Himmel und Horizont wendet, verwandelt sie sich in eine Art Medium für das Wetter-Monster; sie braucht keine „Daten“ wie Windstärke oder dergleichen, ihr genügen Ahnung und Bauchgefühl, um ihren kleinen Konvoi in die richtige Richtung zu lenken. Aber dann stellt sich ein Sturm der Stufe 1 als einer von Stufe 5 heraus – mit tödlichen Konsequenzen für den Freundeskreis.
Gute Woche-Newsletter
Alles Gute aus Berlin in einem Newsletter – jede Woche gute Nachrichten
Der eigentliche Film setzt fünf Jahre später ein, als Javi (Anthony Ramos), auch er ein Überlebender von damals, die inzwischen nach New York gezogene Kate nach Oklahoma zurückholt, um die Tornado-Forschung fortzusetzen. Wie im realen Leben hat sich der mediale Zirkus rund um die Katastrophenereignisse um ein Vielfaches verschlimmert.
Lesen Sie auch: Brot, Blut und Spiele: die Serie „Those About To Die“
Dass das Team, das Javi der ankommenden Kate als das ihre vorstellt, aus lauter langweiligen, männlich-mittelalten Gesichtern besteht, bildet eine angenehme Irritation. Denn diesmal sind es die vermeintlichen Gegenspieler, auf deren Seite sich die interessanten Entwicklungen abspielen. Auf den ersten Blick mag der mit lautem Cowboy-Image als „Tornado-Wrangler“ auftretende Tyler Owens (verkörpert vom aufstrebenden Kinoheld Glen Powell, der gerade auch in „A Killer Romance“ zu sehen ist) noch als schlimmer Angeber erscheinen.
Viel Spektakel, dosierte Emotionen
Dann aber zeigt sich, dass er und seine betont diverse Truppe die wahren Verbündeten der traumatisierten „Tornado-Flüsterin“ Kate sind. Aber es fliegen erneut ganze Häuser davon, bis die Gefühle zwischen den Helden alle geklärt sind. In diesem Sinn folgt „Twisters“ einem angenehm altmodischen Rezept von Sommerunterhaltung: viel Spektakel, dosierte Emotionen, wenig Nachdenken.
Katastrophenfilm, USA 2025, 102 min., von Lee Isaac Chung, mit Daisy Edgar-Jones, Glen Powell, Anthony Ramos