Fall Gershkovich: Gefangenenaustausch statt Lagerhaft?

Moskau. Der US-Reporter soll für 16 Jahre ins Straflager, das hat ein russisches Gericht am Freitag entschieden. Doch ein Deal scheint möglich. Nachdem sich das Gericht in Jekaterinburg am Ural, 1800 Kilometer östlich von Moskau, lange Zeit gelassen hatte, ging es zum Schluss ganz schnell: Von August wurde die Verhandlung vorverlegt, am Freitag die Plädoyers
Fall Gershkovich: Gefangenenaustausch statt Lagerhaft?

Moskau. Der US-Reporter soll für 16 Jahre ins Straflager, das hat ein russisches Gericht am Freitag entschieden. Doch ein Deal scheint möglich.

Nachdem sich das Gericht in Jekaterinburg am Ural, 1800 Kilometer östlich von Moskau, lange Zeit gelassen hatte, ging es zum Schluss ganz schnell: Von August wurde die Verhandlung vorverlegt, am Freitag die Plädoyers von Verteidigung und Staatsanwaltschaft gehalten. Dann gleich das Urteil: Der US-Journalist Evan Gershkovich muss für 16 Jahre ins Straflager. Die Staatsanwaltschaft hatte 18 Jahre gefordert, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Das Moskauer Geheimdienstgefängnis, wo US-Reporter Gershkovich in Haft sitzt

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    Das Gericht sieht die in dem Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfe der Spionage als erwiesen an. Gershkovich arbeitete mit gültiger Akkreditierung als Korrespondent für die Zeitung „Wall Street Journal“ in  Russland. Er selbst, seine Zeitung und auch die US-Regierung weisen die Vorwürfe als haltlos zurück. Der 32 Jahre alte US-Reporter war im März 2023 festgenommen worden. Laut Anklage soll er im Auftrag des US-Geheimdienstes CIA konspirativ Informationen über die Rüstungsfabrik Uralvagonzavod gesammelt haben. Dafür muss Gershkovich nun ins Straflager. Oder auch nicht.

    Möglicher Austausch: Spekulationen über Tiergarten-Mörder

    Längst schon laufen im Hintergrund zwischen Russland und den USA Verhandlungen über einen möglichen Austausch des Journalisten – vielleicht auch deshalb die eilige Verurteilung. Denn nach russischer Justizpraxis muss ein Urteil vorliegen, damit es zu einem Austausch kommen kann. Russlands Präsident Wladimir Putin selbst hatte im Februar einen möglichen Austausch ins Spiel gebracht. In einem Interview mit dem rechten US-Talkshowmoderator Tucker Carlson sagte er: „Es macht keinen Sinn, ihn in Russland im Gefängnis zu halten.“

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    Putin nannte keine Namen. Doch ausgetauscht werden könnte der Journalist gegen den im Dezember 2021 verurteilten sogenannten Tiergarten-Mörder Wadim Krasikow, der in Deutschland zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Dieser erschoss dem deutschen Urteil zufolge im Auftrag staatlicher Moskauer Stellen aus Rache einen georgischen Staatsbürger. Diesem Austausch aber müsste die deutsche Regierung zustimmen.

    Russland: Es gibt Kontakte mit dem US-Geheimdienst

    Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte am Mittwoch in New York bestätigt, dass es grundsätzlich Kontakte zwischen den Geheimdiensten Russlands und der USA gebe. „Die Geheimdienste beider Länder stehen im Einvernehmen mit den Präsidenten Wladimir Putin und Joe Biden seit Juni 2021 in Kontakt, um zu prüfen, ob jemand gegen einen anderen ausgetauscht werden kann“, so Lawrow. Kommt Gershkovich nun frei? Vom Kreml gab es dazu heute keinen Kommentar.

    Der Journalist hat die meiste Zeit seiner seit mehr als einem Jahr andauernden Untersuchungshaft in einem Moskauer Gefängnis verbracht. Er klagte immer wieder ohne Erfolg gegen die Verlängerung der U-Haft. Den Vorwurf der Spionage halten westliche Beobachter für vorgeschoben. Laut der Nachrichtenagentur Interfax wurde vom Gericht auch ein örtlicher Abgeordneter aus der Region Swerdlowsk befragt. Jekaterinburg liegt in dieser Region. Er habe sich seiner Aussage zufolge mit Gershkovich getroffen, dieser hätte sich für militärische Fragen interessiert. Immer wieder gab es offizielle Warnungen an westliche Reporter, in Kriegszeiten in das für seine Rüstungsindustrie bekannte Jekaterinburg zu reisen.

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