Gefechte dauern an: Lage in Kursk unübersichtlich – Kreml bestätigt Attacke im Ukraine-Krieg
Ukrainische Truppen konnten in Russlands Grenzregion Kursk vordringen. Moskau bestätigt den Angriff und sieht in ihm eine „Provokation“.
Kursk – Russland erlebt mitten im Ukraine-Krieg offenbar die schärfsten Gegenattacken seit Monaten aus dem Nachbarland. Nach schweren ukrainischen Angriffen auf Russlands Grenzregion Kursk hat das Verteidigungsministerium in Moskau Berichte zu anhaltenden Kampfhandlungen dort bestätigt. „Die Operation zur Vernichtung der Gruppierungen der Streitkräfte der Ukraine wird fortgesetzt“, teilte das Ministerium in Moskau mit. Demnach gab es Gefechte in grenznahen Ortschaften auf russischem Gebiet gegen ukrainische Eindringlinge.
Noch am Vortag hatte das Verteidigungsministerium behauptet, dass ein Versuch, die Grenze zu durchbrechen, gescheitert sei. Nun hieß es, dass ein tiefes Eindringen auf russischem Staatsgebiet verhindert worden sei.
Zuvor hatten russische Militärblogger gemeldet, dass ukrainische Kämpfer mindestens zehn Kilometer hinter die Grenze im Gebiet Kursk vorgedrungen seien. Laut Verteidigungsministerium in Moskau kämpfen nun Soldaten gemeinsam mit Grenzschützern in dem Gebiet gegen die Eindringlinge. Sie hätten mit Unterstützung durch Flugzeuge, Raketenstreitkräfte und Artillerie feindliche Gruppierungen vernichtet.
Der Gegner habe mindestens 260 Mann sowie 50 Einheiten Technik verloren, darunter sieben Panzer. Die Angaben waren von unabhängiger Seite nicht überprüfbar. In der Grenzregion soll außerdem ein russischer Hubschrauber abgeschossen worden sein.
Scharmützel auf russischem Gebiet: Ukraine greift die Region um Kursk an
Aus den beschossenen Ortschaften flohen nach russischen Behördenangaben Tausende Menschen. Es gab mehrere Tote und mehr als 20 Verletzte. Aus der Ukraine gab es dazu zunächst keine offizielle Stellungnahme. Mehrere hochrangige ukrainische Vertreter wollten die Vorgänge im westrussischen Grenzgebiet auf Nachfrage nicht kommentieren. Nach Angaben des dem russischen Militär nahestehenden Telegram-Kanals „Rybar“ nahmen die ukrainischen Kräfte drei Ortschaften ein.
Wladimir Putin übte unterdessen scharfe Kritik an Kiew. „Wie Sie wissen, hat das Kiewer Regime eine weitere groß angelegte Provokation unternommen“, sagte Putin am Mittwoch in einem im Fernsehen übertragenen Treffen mit Regierungsvertretern. Die Ukraine feuere „wahllos, mit Waffen verschiedener Art, auf zivile Gebäude, Wohnhäuser und Krankenwagen“.
Krisensitzung des Sicherheitsrats der Russischen Föderation: Putin sieht „groß angelegte Provokation“
Am Mittwochmorgen hatte der Regionalgouverneur von Kursk, Alexej Smirnow, im Onlinedienst Telegram von ukrainischen Angriffen mit Raketen und Drohnen geschrieben. Dem russischen Verteidigungsministerium zufolge dauerten die Kämpfe am Mittwoch zunächst weiter an. Russische Soldaten hätten die ukrainischen Kräfte daran gehindert, „tief auf ukrainisches Gebiet vorzudringen“, erklärte das Ministerium im Onlinedienst Telegram.
In einer Krisensitzung des Sicherheitsrats der Russischen Föderation bestehend aus unter anderen Ex-Präsident Dmitri Medwedew, dem ehemaligen Verteidigungsminister Sergei Schoigu, dem amtierenden Verteidigungsminister Andrei Beloussow und Wladimir Putin selbst, soll das weitere Vorgehen entschieden werden. Yaroslav Trofimov, außenpolitischer Chefkorrespondent des Wall Street Journals, äußerte sich, dies sei die „größte grenzüberschreitende Offensive seit Beginn des Krieges.“
Denn seit Beginn der russischen Militäroffensive im Februar 2022 haben pro-ukrainische Kämpfer eine Reihe von Attacken auf russische Orte in Grenznähe ausgeführt – allerdings nie so erfolgreich wie aktuell. Nach Angaben der russischen Streitkräfte wurden diese durchweg abgewehrt, bei einigen von ihnen sah sich Moskau zum Einsatz seiner Artillerie und Luftwaffe gezwungen. (sischr mit dpa/afp)