Dortmund. Deutschlands Handballer siegen in Dortmund in der Olympia-Vorbereitung, DHB-Frauen kassieren Dämpfer. Bei einem Abschied wird es emotional.
Dass dies ein besonderer Handballnachmittag werden würde, war schon vor dem Anpfiff des Prestige-Duells Deutschland gegen Frankreich klar: Doppel-Länderspiel der Männer und Frauen zur Olympia-Vorbereitung, Rückkehr des Handballs in seinen alten Tempel Westfalenhalle. Und: Wann wird schon ein Spieler des Gegners mit anhaltenden stehenden Ovationen der 10.105 Zuschauer geehrt? Es war ein Prickeln in Dortmund zu spüren, das nicht nur Nikola Karabatic erfasste.
Der 40 Jahre alte Franzose, der im Handball alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt, bestritt am Samstag sein letztes Länderspiel auf deutschem Boden: Nach seinen Olympischen Heimspielen im Sommer in Paris (26. Juli bis 11. August) beendet er seine glorreiche Karriere. Und die führte ihn auch für drei Jahre zum THW Kiel in die Bundesliga. Anfang des Jahres war er in Deutschland dann nochmal Europameister geworden, nun sagten die hiesigen Fans „Au revoir“.
Große Emotionen bei Nikola Karabtic
„So ein Empfang vom Publikum war sehr schön“, sagte Karabatic, der fließend Deutsch spricht, später bewegt. „Ich bin dankbar, Deutschland ist ein Riesenteil meiner Karriere. Ich habe hier viel gelernt, mit dem THW Kiel viel erlebt und auch gewonnen.“ Er sei stolz, dies erlebt zu haben. Der Moment als die Halle sich erhob? „Das waren viele Emotionen, normalerweise versucht man vor so einem Spiel ein wenig, sie zurückzuhalten, aber wenn man so viel Liebe bekommt, muss man das auch erleben und spüren – ich habe sehr viel Spaß heute gehabt.“ Und das, obwohl er mit seinem Team eine Niederlage hinnehmen musste.
Mit 35:30 (19:15) setzte sich die junge Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason durch, zeigte eine stabile Leistung, tankte Selbstvertrauen für Olympia. In Paris trifft das Team des Deutschen Handball-Bundes (DHB) in der Gruppe auf Schweden, Japan, Kroatien, Spanien und Slowenien. Beste Werfer am Samstag waren Franz Semper und Tim Hornke. „Ich finde, dass der Angriff über 60 Minuten sehr gut war. Die Abwehr war auch konstant und die Torhüter hatten eine gute Leistung“, sagte Kapitän Johannes Golla. Er selbst hatte für einen kleinen Schockmoment gesorgt, als er nach einem Zusammenprall mit einem französischen Spieler vom Feld gehumpelt war. Aber Entwarnung: halb so wild. Er machte weiter, warf insgesamt vier Tore.
Handball: DHB-Torwart Späth heizt die Menge an
Auf der anderen Seite teilten sich Andreas Wolff und David Späth die Torwartzeit. Späth zeigte in der zweiten Hälfte diverse Glanzparaden und heizte das Publikum zur Ekstase an. „Das war mega, mein erstes Mal in dieser Halle. Wie sie uns angefeuert haben – mit ein Grund, warum wir heute gewonnen haben“, sagte Späth. „Ich freue mich immer, wenn sie auf mich reagieren, laut sind, dann macht man, glaube ich, auch etwas richtig.“
Großer Handball hat Tradition in der Westfalenhalle. In Nachbarschaft zum Stadion von Borussia Dortmund gewann der VfL Gummersbach vor 50 Jahren den Europapokal der Landesmeister, vier Weltmeisterschaften wurden hier gespielt (1961, 1982 und 2007 bei den Männern, 1965 bei den Frauen). Im vergangenen Jahr gelang der Frauen-Mannschaft des BVB mit 11.112 Zuschauern ein deutscher Rekord im Damenhandball im European-League-Spiel gegen Ungarns Siofok KC.
DHB-Frauen verlieren 31:36 gegen Brasilien
Letzteres hat Alina Grijseels miterlebt. Die deutsche Co-Kapitänin steht zwar mittlerweile in Rumänien unter Vertrag, die Rückkehr mit der Nationalmannschaft nach Dortmund konnte sie aber trotz der 31:36 (17:20)-Niederlage gegen Brasilien genießen. „Für mich ist es hier immer etwas Besonderes, letztes Jahr mit dem BVB war schon atemberaubend“, sagte sie. „Auch heute war die Stimmung extrem gut, so eine Kulisse sind wir ja nicht gewohnt – danke dafür.“
Die Unterstützung reichte jedoch nicht, um die fehlende Aggressivität im Eins-gegen-eins und die Schwächen in der sonst so starken Abwehr zu kaschieren. 36 Gegentore – das ist zu viel, erst Recht, wenn man bei Olympia in einer starken Gruppe mit Schweden, Dänemark, Slowenien, Norwegen und Südkorea nicht frühzeitig die Segel streichen will. „Es war sichtbar, dass es unser erstes Spiel seit langer Zeit war“, sagte Co-Kapitänin Emily Bölk. Bundestrainer Markus Gaugisch war zwar ob der Niederlage nicht zufrieden, sieht aber „überhaupt keinen Grund zur Sorge“.
Die Olympia-Generalprobe erfolgt am kommenden Wochenende. In Stuttgart treffen die DHB-Männer auf Ungarn und Japan, die Frauen auf Ungarn und Brasilien.