Berlin. Immer mehr Unternehmen wollen Mitarbeiter aus dem Homeoffice zurück ins Büro holen. Dürfen sie das so einfach? Ein Experte klärt auf.
Während der Corona-Hochphase wurden Millionen Arbeitnehmer ins Homeoffice geschickt. Diese Regelung wurde oft auch noch nach der Pandemie beibehalten. Doch immer mehr Unternehmen beordern ihre Mitarbeiter mittlerweile wieder zurück ins Büro. Jüngstes Beispiel: SAP. Der Software-Gigant mit weltweit mehr als 100.000 Mitarbeitern will Medienberichten zufolge seinen Angestellten nicht mehr die freie Wahl lassen, ob und wann sie ins Büro kommen. Sie sollen künftig an mindestens drei Tagen die Woche wieder vor Ort arbeiten. Doch dürfen Unternehmen das einfach so entscheiden? Wir klären die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen rund ums Thema Homeoffice.
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Darf mich mein Chef einfach so aus dem Homeoffice wieder ins Büro zurückbeordern?
Das lässt sich so pauschal nicht mit Ja oder Nein beantworten. „Wie immer im Arbeitsrecht gilt: Es kommt auf den jeweiligen Arbeitsvertrag an“, erklärt Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Wenn im Arbeitsvertrag beispielsweise ein Recht auf Homeoffice festgeschrieben ist, dann kann der Arbeitgeber nicht einfach so einseitig davon abrücken. „Er müsste dann mit dem Arbeitnehmer eine Einigung finden oder müsste gegebenenfalls eine Änderungskündigung aussprechen, die der Arbeitnehmer vor Gericht auch überprüfen lassen kann“, so der Experte weiter. In den meisten Arbeitsverträgen ist jedoch auch eine Widerrufsmöglichkeit für die Nutzung von Homeoffice-Modellen vermerkt. Das erlaubt es dem Arbeitgeber dann, eine Beendigung des Homeoffice auszusprechen.
Was gilt, wenn es keine vertragliche Regelung zum Homeoffice gibt?
Ist zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nichts ausdrücklich hierzu geregelt, gilt: Der Arbeitgeber hat aus betrieblichen Gründen das Recht, ein vorübergehend erlaubtes Arbeiten im Homeoffice abzuschaffen und seine Mitarbeiter wieder ins Büro zu bestellen.
Welche Rolle spielt der Betriebsrat
Dem Betriebsrat kommt in der Regel ein weitgehendes Mitbestimmungsrecht zu. Fuhlrott schränkt jedoch ein: „Hierbei geht es aber um die Frage der Ausgestaltung der Homeoffice-Tätigkeit. Der Betriebsrat kann also regelmäßig nicht erzwingen, dass der Arbeitgeber das Arbeiten im Homeoffice erlaubt.“ Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats ergibt sich aus Paragraf 87 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz. Gibt es einen Betriebsrat und wird im Homeoffice gearbeitet, gibt es dazu in der Regel auch eine Betriebsvereinbarung, die die Details regelt. Deshalb gilt auch hier: Man muss schauen, was dort genau geregelt ist. „Aber selbst wenn es eine Betriebsvereinbarung zum Thema Homeoffice gibt: Auch eine solche Regelung kann der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat kündigen“, sagt der Arbeitsrechtsanwalt.
Was passiert, wenn es keine Betriebsvereinbarung zum Homeoffice gibt?
Es gibt natürlich auch Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter einfach nur nach Hause geschickt haben, während Corona zum Beispiel, ohne irgendwas ausdrücklich geregelt zu haben. „Auch hier kommt es wieder auf den Einzelfall an“, weiß Fuhlrott. Im Grundsatz könne der Arbeitgeber dann aber kraft seines Direktionsrechts den Arbeitsort bestimmen und sagen: Ich behalte mir vor, den Arbeitsort wieder „neu“ zu bestimmen und du musst zurück ins Büro kommen. Der Arbeitnehmer müsse einer solchen Weisung dann Folge leisten. Fuhlrott sagt: „Es gilt also der Grundsatz: Der Arbeitgeber kann den Ort der Arbeitsleistung festlegen, soweit nichts anderes vertraglich geregelt ist. Der Arbeitgeber darf also bestimmen, wo der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung erbringt.“
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Kann mich der Betriebsrat vor der Rückkehr ins Büro schützen?
In der Regel sind Betriebsvereinbarungen ordentlich mit einer Frist von drei Monaten kündbar – und zwar sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Betriebsrat. „Wird eine Betriebsvereinbarung gekündigt, werden in der Regel Nachfolgeregelungen verhandelt und vereinbart“, weiß Fuhlrott. Und fährt fort: „Aber eines ist ganz klar: Kein Betriebsrat kann erzwingen, dass die Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten.“ Denn in den Betriebsvereinbarungen geht es zumeist nicht um Ja oder Nein zum Homeoffice, sondern um die Ausgestaltung der Tätigkeit. „Es werden also Regelungen zur Arbeitszeit, zum Datenschutz oder zur Arbeitssicherheit getroffen. Das sind dann Punkte wie: Wie erfasse ich meine Arbeitszeit und welche Arbeitsmittel stehen mir zur Verfügung etc.“, erklärt der Arbeitsrechtler. Es gibt also keinen rechtlichen Anspruch darauf, dass ein Betriebsrat für die Belegschaft ein Recht auf Homeoffice einfordern und durchsetzen kann.
Wie kurzfristig darf mich mein Arbeitgeber wieder ins Büro zurückbeordern?
Auch das hängt von den Regelungen im Einzelfall ab. „Die Rechtsprechung fordert regelmäßig eine angemessene Ankündigungsfrist. Aber ob nun zwei Wochen oder ein Monat ausreichend sind, darüber lässt sich streiten“, erklärt Fuhlrott. Letztlich wüsste der Arbeitnehmer ja, dass der Betrieb der normale Arbeitsort ist. Und wenn dann eine Widerrufsmöglichkeit für die Arbeit im Homeoffice vorgesehen ist, sei dem Arbeitnehmer sehr wohl bewusst, dass ein Arbeiten aus dem Betrieb heraus in Zukunft womöglich wieder verlangt werden kann. Der Tipp des Experten: „Wenn dem Arbeitnehmer die Arbeit von zu Hause essenziell wichtig ist, muss er sich das Recht auf Arbeit aus dem Homeoffice individuell in seinen Vertrag hineinschreiben lassen.“
Gibt es eine Härtefallregelung für diejenigen, die in unterschiedlichen Städten arbeiten und wohnen?
In der Regel nicht. „Denn der Arbeitgeber schreibt ja auch nicht vor, wo ich wohne. Das entscheidet jeder für sich – man muss nur pünktlich zur Arbeit kommen“, sagt Fuhlrott. Wem der Weg in den Betrieb zu weit ist, der müsste also umziehen oder kündigen und sich einen neuen Job suchen. „Gerade in Sachen Homeoffice ist das auch überzeugend, denn der Betriebsort hat sich ja regelmäßig nicht geändert und ich habe mich als Arbeitnehmer darauf eingelassen“, erklärt der Experte.
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