„Ich darf das nicht zeigen“: So schaden emotional unreife Eltern ihren Kindern
Emotional unreife Eltern können ihre Kinder bis ins Erwachsenenalter hinein negativ beeinflussen. Eine Psychologin erklärt, was sich hinter diesem Verhalten verbirgt.
Kinder müssen nicht nur lernen, wie sie sich die Schuhe binden, sondern auch, wie sie mit ihren eigenen Emotionen und denen anderer umgehen. Dabei spielen Freunde und die Schule eine große Rolle, doch den meisten Einfluss haben häufig die Eltern des Kindes, die sich auch auf deren Intelligenz auswirken. Fehler, die sie machen, können bis ins Erwachsenenalter nachwirken. Haben sie selbst nicht die nötige emotionale Reife, tun sie sich besonders schwer, ihrem Kind wichtige Fähigkeiten zu vermitteln.
„Emotionales Leben – damit meine ich das Erleben, Fühlen, Wahrnehmen, den Ausdruck und die Regulation von Emotionen auf mich selbst und auf meine Umwelt bezogen – ist eine Entwicklungsaufgabe, die seit frühesten Kindheitserfahrungen beeinflusst wird“, sagt Barbara Neuhold BuzzFeed News Deutschland, einer Marke von IPPEN.MEDIA. Die Psychologin erklärt, was emotional unreife Eltern ausmacht und wie diese ihren Kindern schaden.
Psychologin erklärt, was „emotional unreif“ bedeutet
„Den Begriff ‚emotional unreif‘ würde ich dann verwenden, wenn sich eine Person nicht reflektiert oder weiterentwickelt“, sagt die Psychologin. Emotional unreife Personen könnten häufig mit ihren eigenen Gefühlen, Bedürfnissen und Grenzen nicht umgehen, weshalb sie auch bei anderen „unempathisch und invalidierend reagieren“, sagt die Psychologin BuzzFeed News Deutschland.
Ob und wie Eltern ihren Kindern beibringen können, mit den eigenen Emotionen umzugehen, hänge häufig mit ihrer eigenen Kindheit zusammen. Wer selbst nie gelernt habe, wie es geht, könne schwerer auf die Wutausbrüche des Nachwuchses reagieren. Eltern, die selbst keine Nähe und Emotionen zulassen könnten, reagierten oft so, „als sei das Kind nicht existent. Sie zeigen wenig Einfühlungsvermögen, sind weder selbst reflektierend noch realitätsbezogen“, erklärt Neuhold.
Dies ist ein Artikel von BuzzFeed News Deutschland. Wir sind ein Teil des IPPEN.MEDIA-Netzwerkes. Hier gibt es alle Beiträge von BuzzFeed News Deutschand.
„Einfühlsame Eltern“: Psychologin erklärt, warum emotionale Reife wichtig ist
„Emotionen brauchen eine Sprache, eine Kommunikation, denn gerade in der Wortlosigkeit entsteht nicht nur Gewalt im Miteinander, sondern auch der Nährboden für psychische Erkrankungen“, erklärt Neuhold. Bei Kindern könnten manche Dinge „je nach Alter eben noch nicht in der Erwachsenensprache formuliert werden“. So eine Situation sei für Kind und Eltern gleichermaßen eine Herausforderung.
„Hierfür braucht es einfühlsame Eltern, die dabei begleitet wurden, zu lernen, in sich hinein zu spüren, hineinzuhorchen, ihren Schmerz, Traurigkeit oder ihre Angst spüren zu dürfen“, sagt die Psychologin. So lerne das Kind, „dass Emotionen das eigene Erleben weder überfluten müssen, noch unterdrückt werden müssen“ und könne so zusammen mit seinen Eltern psychischen Krankheiten vorbeugen.
Emotional unreife Eltern schaden dem Selbstwert ihrer Kinder
Ein Kind müsse in seiner Bedürftigkeit ernst genommen werden. Werde es mit seinen Emotionen alleine gelassen, erhöhe sich „die Wahrscheinlichkeit für einen negativen Umgang mit sich“, erklärt die Psychologin. „Eigenes Erleben wird unterdrückt, ignoriert, negativ bewertet, was parallel auch den Selbstwert schwächt.“ Gedanken wie „‚es ist schlecht, dass ich so fühle, ich darf das nicht zeigen‘ bis hin zu ‚ich bin schwach, ich bin nicht gut genug‘“ machten sich breit.
Werde ein Kind beispielsweise ignoriert, wenn es traurig oder krank sei, dann werde es dies als Erwachsener bei sich selbst tun und es bei den eigenen Kindern wiederholen. Oder –das könne auch passieren – „der Wunsch nach Bedürfnisversorgung“ durch die eigene Vernachlässigung werde so groß, dass das ignorierte Kind als Erwachsener versuche, ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse durch eigene Kinder zu befriedigen.
Diese Kinder lernten dann, „sich nach der Befindlichkeit anderer zu richten und die Verantwortung für deren Wohlergehen zu tragen. Eigene Emotionen und Bedürfnisse werden unterdrückt“, erklärt die Psychologin. „Diese perfektionistische Getriebenheit der Eltern kann so weit führen, dass die Heranwachsenden später den Lebensstil, Partner oder Berufe gemäß dem Elternwunsch wählen oder im schlimmsten Fall ausbrennen“. Das Phänomen wird auch „People Pleasing“ genannt.