In Sizilien herrscht große Dürre und Wassermangel: Touristen sollen nichts mitbekommen

Die Sizilianer sind Trockenheit und Wassermangel gewohnt. Sie gehen damit so gut um, dass die vielen Touristen dort nichts davon merken. Aber nun erlebt die Insel ihre schlimmste Dürre seit mehr als zwei Jahrzehnten. Seen in Sizilien sind ausgetrocknet und Felder von der Hitze versengt. Das Jahr war fast regenlos. Dennoch sind die Swimmingpools der
In Sizilien herrscht große Dürre und Wassermangel: Touristen sollen nichts mitbekommen

Die Sizilianer sind Trockenheit und Wassermangel gewohnt. Sie gehen damit so gut um, dass die vielen Touristen dort nichts davon merken. Aber nun erlebt die Insel ihre schlimmste Dürre seit mehr als zwei Jahrzehnten.

Seen in Sizilien sind ausgetrocknet und Felder von der Hitze versengt. Das Jahr war fast regenlos. Dennoch sind die Swimmingpools der Hotels gefüllt und die Brunnen in Agrigents berühmtem Archäologiepark sprudeln weiter. Denn für die Touristen fließt das Wasser immer noch reichlich auf der italienischen Insel.

Wie in vielen Mittelmeerregionen sind die Menschen in Sizilien lange Perioden ohne Regen gewohnt, aber der Klimawandel hat das Wetter unberechenbarer gemacht, und Dürrezeiten können länger und häufiger sein. Die Sizilianer gehen damit um, wie sie es seit Jahrzehnten tun: Sie speichern in Zisternen, unterirdisch gelegene Wasserbehälter, so viel wie sie können, und benutzen Tankwagen zur Auslieferung des Wassers. Sie gehen so gut mit dem Problem um, dass Besucher es nicht bemerken. Aber dieses Jahr ist die Dürre so schlimm geworden, dass die Herausforderungen für die Einheimischen immer größer werden.

Die örtliche Wasserbehörde hat das kostbare Nass für fast eine Million Ortsansässige rationiert, um durch den Sommer zu kommen. Und vor ein paar Tagen traf zum ersten Mal ein Tankschiff der italienischen Marine ein, mit zwölf Millionen Litern für die am stärksten betroffenen Einwohner.

Doch die Einwohner in Agrigent zählen, was Dürre betrifft, zu den widerstandsfähigsten in Italien. Sie betreiben bislang trotz Rationierung ihre Unternehmen, Hotels, Frühstückspensionen und Haushalte, ohne auf eine Dusche zu verzichten, Gärten zu vernachlässigen oder Swimmingpools zu schließen. “Niemand kann mit Wasserknappheit besser klarkommen als südliche Sizilianer”, sagt Salvatore Cocina, Leiter des örtlichen Zivilschutzes. Er hat die schwierige Aufgabe, zu koordinieren, was mit dem wenigen Wasser geschieht, das die Insel noch hat.

Touristen sollen nichts merken

Knappheit ist nichts Neues, da das südliche Terrain Siziliens nicht viel Wasser hält und die Aquädukte undicht sind. Die Region ist zudem anfällig für Trockenheitsperioden, insbesondere im Sommer. Die meisten Einwohner haben private Zisternen, die mindestens 1000 Liter fassen können. Auf zahlreichen Dächern der Stadt sind große Plastiktanks zu sehen, und ebenso viele gibt es in Kellern und unter der Erde.

Der See Fagano ist weitgehend trocken.

Der See Fagano ist weitgehend trocken.

(Foto: dpa)

Trotz des Wassernotstandes strömen Touristen weiter zu den schönen Stränden Südsiziliens und stehen Schlange, um die Überreste antiker griechischer Kolonien zu sehen. Gianluca, ein italienischer Besucher, der nur seinen Vornamen angab, hat “keine Probleme mit Trockenheit” erlebt, und in seinem Hotel, so berichtet er, “hat man mir gesagt, dass sie ihre eigenen Reserven, ihre Zisternen, haben”. Das sogenannte Tal der Tempel mit seinen archäologischen Sehenswürdigkeiten, das im vergangenen Jahr mehr als eine Million Touristen angezogen hat, leidet ebenfalls nicht unter Wasserknappheit, da es bei der Versorgung priorisiert worden ist.

Die betroffenen Einwohner sind mit außergewöhnlich schwierigen Bedingungen konfrontiert. Der regionalen Zivilschutzbehörde zufolge ist 2024 bislang das regenärmste Jahr seit mehr als zwei Jahrzehnten. Der Lago Fanaco, der die Provinz Agrigent mit Wasser versorgt, hielt während einer durchschnittlichen Regensaison – jeweils von September bis April – gewöhnlich bis zu 18 Millionen Kubikmeter Wasser. Dieses Jahr im April waren es bereits weniger als zwei Millionen Kubikmeter, und jetzt ist der Stausee fast völlig trocken.

Gefüllte private Zisternen

Wasserwagen sind Tage im Voraus ausgebucht.

Wasserwagen sind Tage im Voraus ausgebucht.

(Foto: dpa)

Im Mai hat die Regierung in Rom einen Dürrenotstand ausgerufen und 20 Millionen Euro zum Kauf von Tankwagen und zum Bohren neuer Brunnen bereitgestellt. In Südsizilien liegen die Temperaturen zurzeit um zwei Grad über dem Durchschnitt der Zeit zwischen 1991 und 2020, wie aus dem von der Umweltorganisation Climate Central entwickelten Climate Shift Index hervorgeht. Das bedeutet, dass Wasser schneller verdunstet. “Wenn es im September nicht regnet, werden wir kritische Reserven anzapfen müssen, auch Brunnen und Grundwasserleiter werden unter ein kritisches Niveau sinken, nicht nur unsere Seen”, sagt Cocina.

Schon jetzt klingelt das Telefon von Salvatore Di Maria ständig. Er ist der Besitzer und ein Fahrer der Hauptflotte an Wassertankwagen in der Gegend. Wie drastisch die Lage ist zeigt ein kürzlicher Anruf an einem, heißen Tag. Er erhielt einen Anruf aus einer Ferienanlage, während er einen seiner strahlend blauen Tankbehälter auf Rädern an einer öffentlichen Wasserstation für einen Kunden füllte. “Ich brauche 12.000 Liter Wasser”, sagte die Stimme am anderen Ende. “Es gibt eine Warteliste von 10 bis 15 Tagen”, antwortete Di Maria.

Jeder fragt ihn nach Wasser. Jeder will sicherstellen, dass er einen Vorrat hat. Jeder will eine gefüllte Zisterne haben. Tankwagen sind die beste Möglichkeit, Wasser direkt zu Kunden zu bringen, ohne dass es an undichten Stellen ausläuft. So sind sie dutzendweise auf den gewundenen Straßen unterwegs – Tankwagen, die Wasser in Gebiete mit Priorität liefern. Die örtliche Wassergesellschaft, Aica, hat festgelegt, wer Vorrang hat, etwa Krankenhäuser und generell kranke und ältere Leute sowie mehrere Schlüsselunternehmen wie Hotels.

“Der Dürrenotstand war ein Weckruf”, sagt Aica-Präsident Settimio Cantone mit Blick auf die undichten Aquädukte. Jetzt würden dank der staatlichen Notfallmittel unter anderem neue Brunnen gegraben und Wasserwerke ausgebessert. Dennoch blickt Klimawissenschaftler Giulio Boccaletti vom Europa-Mittelmeer-Zentrum für Klimawandel angesichts der Auswirkungen der Erderwärmung wie steigende Temperaturen und andere Wetterextreme sorgenvoll in Siziliens Zukunft. “Was außergewöhnlich war”, so sagt er, “ist die neue Normalität”.

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