Berlin. Schnelles Internet sollte kein Luxus sein, ist es aber vor allem auf dem Land: Wo es kein einziges Dorf komplett mit Glasfaser gibt.
Wer auf dem Dorf lebt, ist vielerorts vom schnellen Internet via Glasfaser abgekoppelt. Nur 190 Dörfer mit weniger als 3000 Einwohnern sind in Deutschland vollständig mit Glasfaser versorgt. „Dies sind nicht einmal drei Prozent aller kleinen Gemeinden“, erklärt der Verivox-Telekommunikationsexperte Jörg Schamberg zum Ergebnis einer Marktanalyse des Vergleichsportals. Die meisten davon befinden sich in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz.
In sieben Flächenländern gibt es laut Verivox noch gar kein zu 100 Prozent mit Glasfaser versorgtes Dorf – in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen, Saarland. Bislang konzentrieren sich die verfügbaren Anschlüsse auf Metropolregionen. „Hingegen zieht der ländliche Raum nur langsam nach, obwohl dieser in puncto Bandbreite am meisten aufzuholen hätte“, so Schamberg. Bei der Versorgung von Dörfern schneidet Schleswig-Holstein bundesweit mit Abstand am besten ab. In dem nördlichsten Bundesland werden 121 Dörfer vollständig mit Glasfaser versorgt.
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Im Ranking folgen Niedersachsen mit 28 Dörfern, Rheinland-Pfalz (20), Mecklenburg-Vorpommern (15), Thüringen (8) und Baden-Württemberg (2), so Verivox. Die Ampelkoalition hat sich zum Ziel gesetzt, Deutschland bis 2030 flächendeckend mit Glasfaser zu erschließen. Glasfaser und der neueste Mobilfunkstandard soll es überall dort geben, „wo Menschen leben, arbeiten oder unterwegs sind“. Insgesamt wollen Telekommunikationsunternehmen bis 2025 rund 50 Milliarden Euro in den Netzausbau investieren.
Glasfaser: Bauanträge müssen schneller gehen
Ob das gesteckte Ziel der Bundesregierung erreicht wird, hängt nach Einschätzung des Digitalverbands Bitkom aber auch davon ab, wie schnell Baugenehmigungen für neue Masten und Leitungen erteilt werden. „Allein bis ein Bauantrag genehmigt ist, vergehen in Deutschland viele Monate und zu oft auch Jahre, manchmal kommt die Genehmigung überhaupt nicht“, sagt Janine Welsch, Bereichsleiterin Telekommunikationspolitik beim Bitkom. „Um die Investitionen und den Ausbau zu ermöglichen, braucht es zunächst eine rechtliche Vorfahrt für den Netzausbau.“
Die Branche hofft deshalb auf das angekündigte TK-Netzausbau-Beschleunigungsgesetz, das vom Bundeskabinett jedoch immer wieder von der Tagesordnung genommen werde. Zugang zu schnellem Internet sollte im Jahr 2024 eine Selbstverständlichkeit sein, ist die Vorständin der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Ramona Pop überzeugt. „Darum sollte der Glasfaserausbau flächendeckend erfolgen. Es darf keine Rolle spielen, ob jemand auf dem Land oder in der Stadt lebt. Schnelles Internet ist kein Luxusgut, sondern eine Frage der Teilhabe – und die muss unabhängig vom Wohnsitz gewährleistet werden.“
Alle müssten die Möglichkeit bekommen, Glasfaser zu nutzen, wenn sie es möchten. „Insbesondere der ländliche Raum darf beim schnellen Internet nicht vergessen werden“, meint der digitalpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Reinhard Brandl. So sieht es auch der Digitalverband Bitkom: „Alle Menschen und Unternehmen brauchen einen schnellen Zugang ins Internet – nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Land“, sagt Welsch. Nur in den seltenen Ausnahmen, wo die Verlegung von Glasfaser völlig unwirtschaftlich sei, wie vielleicht in einem Haus auf der Klippe, sollte eine andere Technik zum Zuge kommen.
Glasfaser: Norddeutschland hat beim Ausbau die Nase vorn
Insgesamt ist der Ausbau des Glasfasernetzes bislang in Norddeutschland am weitesten vorangeschritten. So führt der Stadtstaat Hamburg mit 68 Prozent Glasfaseranteil die deutschlandweite Versorgungsstatistik an. Schleswig-Holstein (59,1 Prozent) und Niedersachsen (54,3 Prozent) folgen und sind die beiden bestversorgten Flächenländer, heißt es in der Verivox-Studie. Datenbasis dafür ist der aktuelle Breitbandatlas der Bundesnetzagentur.
Auf den weiteren Rängen landen Mecklenburg-Vorpommern (41,7 Prozent), Brandenburg (41,1 Prozent), Bremen (32,6 Prozent), Nordrhein-Westfalen (31,6 Prozent), Berlin (30 Prozent), Sachsen-Anhalt (29,3 Prozent), Bayern (28,7 Prozent), Sachsen (26,7 Prozent), Hessen (26,1 Prozent), Rheinland-Pfalz (21,5 Prozent), Baden-Württemberg (18,9 Prozent), Thüringen (13,8 Prozent) und das Saarland (12,4 Prozent).
Gleichzeitig sind Haushalte ohne Glasfaser aber auch nicht automatisch komplett abgehängt, so der Digitalverband Bitkom. „98 Prozent der Haushalte in Deutschland verfügen über das superschnelle 5G. Mit 5G-Routern erhalten Haushalte auch in dünn besiedelten Regionen einen Breitbandanschluss per Mobilfunk, der eine gute Alternative zum klassischen Festnetzanschluss darstellen kann“, so Welsch. Und selbst in den seltenen Fällen, wo eine Versorgung mit terrestrischem Mobilfunk oder Glasfaser nicht möglich ist, könnte inzwischen Internet via Satellit selbst die entlegensten Regionen erreichen.
Digitalausbau: Unter 27 Mitgliedstaaten erreicht Deutschland Platz 4
Insgesamt ist der Glasfaser- und Mobilfunkausbau in den vergangenen Jahren laut Bitkom gut vorangekommen. „Im europäischen Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft liegt Deutschland bei der digitalen Infrastruktur unter den 27 EU-Mitgliedstaaten auf Platz 4“, so Welsch. „Die Mobilfunknetze erreichen bundesweit eine Abdeckung von mindestens 98 Prozent der Haushalte mit 5G.“
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Seit der letzten Frequenzauktion 2019 wurden mehr als 18 Millionen Menschen aus dem Funkloch geholt. Etwa 75 Prozent aller Haushalte hätten einen Zugang zu Gigabit-Internet mit 1000 Mbit/s. 32 Prozent der Haushalte verfügen (Stand Dezember 2023) über einen Glasfaseranschluss – Ende 2021 galt das nur für 23 Prozent, Ende 2019 sogar nur für 15 Prozent der Haushalte.
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