Kommentar: Wie ein Elefant in der sensiblen Asylthematik
Die neue Großunterkunft für Asylbewerber an der Dr.-Henkel-Straße ist Stadtgespräch in Erding.
Die künftige Unterkunft für Flüchtlinge an der Dr.-Henkel-Straße ist Stadtgespräch. Mehr noch: Menschen, die zufällig in Erding sind, bleiben stehen, sind irritiert, als wäre hier gerade ein Ufo vor ihnen gelandet. Vielleicht ist das nur meine Wahrnehmung, aber ich habe dies gleich dreimal an einem Tag selbst erlebt.
Überraschend ist das nicht, denn zu groß, zu aufdringlich ist dieses Betonmonstrum, das die kleinteilige Bebauung rundum schlichtweg erschlägt. In so einem Haus würde wohl Michael Ende die glatzköpfigen Agenten der Zeitsparkasse aus seinem Buch „Momo“ wohnen lassen.
So weit zu Ästhetik und Architektur. Verheerender ist aber, dass diese grau-beige Wuchtbrumme wie ein Elefant im Porzellanladen durch die ohnehin sensible Flüchtlingsthematik stolpert. 188 Fremde in einem großen Haus, das ist eine neue Dimension und für Nachbarn eine große Herausforderung.
Es ist zwar ein Angebot, das der Landkreis dankend annimmt, weil er alle zwei Wochen 50 Flüchtlinge unterbringen muss. Aber es ist auch ein Haus, das in dieser Größe wohl kaum jemand so haben wollte. Schon gar nicht OB Max Gotz, der keine Gelegenheit vergehen lässt, um seine Machtlosigkeit zu betonen, was die Genehmigung dieses Baus anbelangt.
Zumal keinen Kilometer nördlich die leer stehenden Gebäude im Fliegerhorst eine Alternative gewesen wären. Wie ein Mantra wiederholt er seinen Ärger über den Bund, insbesondere über die Innenministerin. Dass die Kommune nur ausführendes Organ ohne Entscheidungskompetenz ist, macht ihn sauer.
Andererseits: Es hätte alles anders kommen können, wenn seine Behörde vor Jahren die Pläne eines Bürokomplexes mit Penthouse-Wohnungen nicht abgelehnt hätte. Schickimicki-Bau statt ein Quader aus grauen Duplo-Steinen – das wäre vermutlich das kleinere Übel gewesen.
Gotz kennt Stadt und Leute. Er ist besorgt um den Frieden in der Bürgerschaft, was nicht verwundert angesichts der bisherigen Reaktionen. Und die werden auch nicht besser, wenn der Bauleiter bei einem Besichtigungstermin erwähnt, dass das Haus nach Ablauf des Mietvertrags abgerissen und die Betonteile für den Straßenbau verwendet werden könnten. Nach zehn Jahren? Ernsthaft? Auch wenn das vielleicht nicht passiert, ist schon der Gedanke ein Schlag ins Gesicht für jede Nachhaltigkeitsdebatte.
Dies alles aber sind hausgemachte Themen. Dafür können die Flüchtlinge nichts. Die wären auch lieber daheim geblieben, aber da herrschen Hunger, Not, Krieg und verrückte Diktatoren. Die Menschen wollen nur Sicherheit und ein Dach über dem Kopf. Das dürfen wir nie vergessen, wenn hier 188 Frauen, Männer und Kinder im September einziehen werden.