Konzertkritik | Yelka im Gretchen
–
“Das ist ja wie in Charlottenburg hier”
Die Berliner Krautrock Band Yelka hat in 15 Monaten vier Alben veröffentlicht. Und das soll erst der Anfang sein. Ihre Record Release Party am Mittwoch im Gretchen war gut gespielt aber schlecht bestuhlt. Sagt Hendrik Schröder
Yelka lieben es ein bisschen Old School, das merkt man sofort. Auf der Bühne stehen altehrwürdige Verstärker von Fender und ein Ungeheuer von Bassturm von Ampeg, dahinter ein minimalistisches Schlagzeug ohne viele Becken oder Gedöns. Zu dritt sind sie. Sängerin und Bassistin Yelka, nach der die Band benannt ist, der Gitarrist Daniel, Schlagzeuger Christian. Alle drei in, sagen wir, Freizeitklamotten. Denn die große Bühneninszenierung ist nicht ihr Ding. Sie spielen lieber. Was musikalisch echt geil ist. Die haben richtig was drauf und machen das nicht erst seit gestern. Alle drei kennt man in der Musikszene auch schon aus anderen Projekten.
Krieg und Ferien
Stoisch puckert der Bass, meist mit dem Daumen gespielt, die Gitarre fliert darüber, wechselt zwischen Groove und Harmonie, das Schlagzeug spröde und rhythmisch anspruchsvoll. Sehr dicht gespielt ist das alles. Und nur so funktioniert so eine Musik, so gekonnt, so musikalisch eng beieinander wie eine intakte Kleinfamilie, sonst wird es wahnsinnig schnell langweilig. Denn eigentlich, sind wir ehrlich, sind alle Songs sehr ähnlich. Ähnlich schnell, ähnlich laut, und logisch, ähnlich instrumentiert. Die Stimme von Sängerin Yelka Wehmeier kommt nur selten zum Einsatz und wenn, dann eher perkussiv, als eine Art weiteres Instrument. Ist vielleicht auch besser so.
Zum Ende hin covern Yelka “1000 mal Du” von der Münchner Freiheit. Das ist auch schon auf ihrem Album mit dem genialen Titel “Krieg und Ferien” zu finden. Eigentlich eine schöne Idee, weil man die Schnulze so gar nicht mit dem coolen, versierten und wenig produzierten Krautrock von Yelka in Verbindung bringen würde. Aber leider so, tja, mittelmäßig gesungen, dass manche der Zuschauer bei dem Lied etwas betreten auf ihre Schuhe gucken. Egal. Ausrutscher. Der Rest des Konzerts ist super.
Zehn Alben in drei Jahren
Vorne an den Monitorboxen lehnen ihre bisherigen vier Alben auf Vinyl. Ja, vier Alben schon, obwohl das Debut erst eineinhalb Jahre her ist, obwohl es die Band ja überhaupt erst seit der Corona Zeit gibt. Und das ist noch nicht alles: Zehn Alben in drei Jahren wollen sie machen. Beim Songwriting, so erzählt es die Band in Interviews, konzentrieren sie sich dabei auf die Magie des Anfangs. Nicht ewig rumfeilen und ändern, verwerfen, neu machen. Stattdessen auf der ersten Idee rumspinnen und schnell aufnehmen.
Das ist ihr Plan, das ist der rote Faden der Band. Nicht zuletzt wolle man durch die aufwändige Veröffentlichungsstrategie auch im Gespräch bleiben. Zack Zack. Raushauen. Und das ist ja auch schon wieder liebenswert Old School, wer macht heute als neue Band schon noch ständig Alben, wo die meisten doch meistens nur noch einzelne Songs veröffentlichen.
Durch Liegestühle getrennt
Einzig die Situation vor der Bühne ist wirklich unglücklich. Da stehen, Gott alleine weiß warum, auf den ersten zehn Metern ein paar Reihen Liegestühle, in denen sich Leute räkeln. Das mag bequem sein, tötet aber jeden Vibe, der zwischen der sympathischen Band und ihrem netten Publikum entstehen könnte.
Denn hinter den Liegestühlen, also weit von der Band entfernt, stehen dann die meisten anderen Zuschauer, so um die 70 Leute sind immerhin gekommen in den Garten des Gretchen Clubs. Da die Band zudem auch eher für sich und einander zugewandt spielt, als nach vorne und offensiv auf die Leute, entsteht so etwas wie Stimmung gar nicht. “Das ist ja wie in Charlottenburg hier”, sagt der Gitarrist lachend und meinte das eher bewegungsarme Publikum, bezugnehmend auf ein Konzert, das sie jüngst ebendort gespielt und sich dabei die ganze Zeit auf ihren Auftritt in Kreuzberg gefreut hätten. Aber das Publikum kann nichts dafür. Mit zehn Meter Sicherheitsabstand in Stimmung zu kommen, das schafft man selbst in Kreuzberg nicht.
Sendung: rbb24 Inforadio, 18.07.2024, 0 Uhr
Kommentieren