Olympischer Zehnkampf in Paris
Neugebauer verliert Führung, hat aber Medaille vor Augen
Leo Neugebauer hat bei den Olympischen Spielen in Paris die Führung in der Gesamtwertung an den Norweger Markus Rooth verloren und vor den abschließenden 1500 m kaum noch Chancen auf Gold. Die erste Olympia-Medaille eines deutschen Zehnkämpfers seit 28 Jahren ist aber zum Greifen nah.
Im Speerwurf, einer der schwächsten Disziplinen des 24-Jährigen, verbuchte Neugebauer mit 56,64 m eine für seine Verhältnisse akzeptable Weite. Doch die Konkurrenz glänzte, eine Qualität, die dem Weltjahresbesten an diesem Tag bislang abgeht.
Allen voran U23-Europameister Markus Rooth, der wie im Rausch der Steigerung seines Hausrekords beim Stabhochsprung auf 5,30 m auch mit dem Speer eine Bestleistung folgen ließ: 66,87 m. Der 22-Jährige liegt auf Kurs Gold.
Rooth gilt als der deutlich bessere Läufer
Vor der Entscheidung über die ungeliebten 1500 rangiert Neugebauer (8097) 16 Zähler hinter Rooth (8113), doch auch in der letzten Disziplin hat der WM-Fünfte Nachteile gegenüber dem Norweger, der eine rund 13 Sekunden bessere Bestzeit vorweist. Er muss zudem noch Lindon Victor (Grenada) fürchten, der auf Rang drei lauert (8053).
Tokio-Olympiasieger Damian Warner (Kanada) hatte sich zuvor durch einen “Salto Nullo” im Stabhochsprung aus dem Medaillenrennen verabschiedet.
Neugebauer mit durchwachsenem Start
Schon zum Start in den Tag war Neugebauer hinter seinen Möglichkeiten zurückgeblieben. Zum Auftakt nahm der deutsche Rekordhalter im Hexenkessel Stade de France einige Hürden mit, am Ende schlugen 14,51 Sekunden zu Buche. Bei seinem Rekord (8961) im Juni in Austin/Texas hatte er 14,36 Sekunden auf die Bahn gezaubert.
Im anschließenden Diskuswurf, seiner Paradedisziplin, ließ er mit 53,33 m viele Punkte liegen. Seine Bestweite steht bei 58,70 m, in Austin hatte er über vier Meter weiter geworfen.
Im Stabhochsprung meisterte der Stuttgarter, der seit einigen Jahren in den USA lebt und trainiert, 5,00 m und brüllte seine Erleichterung mit einem “Ja, let’s go!” heraus. Doch die 5,10 m, an denen er hauchdünn scheiterte, hätten vielleicht schon für eine Vorentscheidung gesorgt. Im Juni hatte er 5,21 m verbucht, seine Bestleistung steht bei 5,30 m.
Kaul schafft mit Speer olympischen Rekord
Für Niklas Kaul, der ebenfalls als Medaillenkandidat gegolten hatte, läuft es in Paris überhaupt nicht nach Plan, in seiner Lieblingsdisziplin Speerwurf gelang dem ehemaligen Welt- und Europameister dann aber ein Coup: Noch nie hat ein Zehnkämpfer bei Olympia 77,78 m weit geworfen. Mit 7599 Punkten ist der Mainzer 13. Nachrücker Till Steinforth belegt bei seinem Olympia-Debüt Platz 15 (7524).
Erste deutsche Olympia-Medaille seit 28 Jahren?
Die Silbermedaille von Frank Busemann 1996 in Atlanta vor 28 Jahren war das bis dato letzte olympische Edelmetall eines deutschen Zehnkämpfers. Gold holten Willi Holdorf 1964 und Christian Schenk 1988.