Pläne gegen Dauer-Stau: 40 Euro fürs Parken am Eibsee?
An Spitzentagen wollen tausende Besucher zum Eibsee und von dort aus auf die Zugspitze. Das sorgt für lange Staus – und Ärger bei den Anwohnern. Jetzt haben die Verantwortlichen eine Idee: Sie wollen ein neues Parkticket einführen. Kosten: 40 Euro pro Tag.
An Tagen mit gutem Ausflugswetter muss Katharina Kraus präzise planen. Wenn sie morgens um halb acht aus dem Haus geht, um zu ihrem Arbeitsplatz im Hotel Werdenfelserei zu fahren, packt sie alles ein, was sie für den Tag braucht. „Ich weiß, ich kann erst abends wieder heimfahren.“ Zwischendurch mal kurz was holen – schlechte Idee. Die 34-Jährige wohnt mit ihrer Familie an der Eibseestraße, kurz vor dem Parkplatz, von dem aus man mit der Seilbahn zur Zugspitze rauffahren kann. Gerade jetzt, in der Urlaubszeit, wohnt sie vor allem mitten im Verkehrschaos. Für die kurze Strecke von Grainau (Kreis Garmisch-Partenkirchen) im Tal bis zu ihrem Haus braucht sie dann bis zu einer Stunde – statt 10 Minuten.
Der Eibsee, die Zugspitze, das sind Blockbuster in der bayerischen Tourismuslandschaft. An Spitzentagen kommen tausende Besucher, Tendenz in den letzten Jahren: steigend. Das liegt, vermutet Bürgermeister Stefan Märkl (CSU), auch am Internet. Gäste aus aller Welt machen Fotos von dem traumhaften Bergsee, von Deutschlands höchstem Berg, veröffentlichen sie auf Instagram oder Facebook – und machen so beste Werbung. Außerdem boomt Urlaub in Bayern, vor allem nach Corona ist die Lust auf Berge groß. „Das ist ja auch nichts Schlechtes“, sagt Märkl. Nur leiden die Anwohner massiv unter den Blechkolonnen, die sich regelmäßig den Berg hinaufschieben. Auto an Auto, kilometerlang.
Wir leiden sehr darunter.
Katharina Kraus wohnt seit ihrer Hochzeit 2012 an der Eibseestraße. Sie und ihr Mann haben zwei Kinder, vier und neun Jahre alt. Vor allem mittags, wenn Katharina Kraus ihren Sohn vom Kindergarten oder ihre Tochter von der Schule abholt und zurückfährt, weiß sie schon: Jetzt steht sie wieder im Stau. „Das ist für die Kinder oft sehr anstrengend, die wollen heim, haben Hunger, es ist heiß.“ Auch der Schulbus, mit dem ihre Tochter ab und zu fährt, kommt natürlich nicht durch. Und dann passiert es auch, dass die Touristen einfach auf ihrem Grundstück parken – Verbotsschildern zum Trotz. Nicht selten kommt es zu Wortgefechten, wenn sie die ungebetenen Gäste anspricht. „Aber das ist unser Privatgrundstück“, sagt die 34-Jährige. Außerdem brauche sie den Parkplatz für ihre eigenen Übernachtungsgäste, an die sie eine Ferienwohnung vermietet. Ihre Urlauber sind natürlich auch genervt, wenn sie nach einer anstrengenden Anfahrt für das letzte Stück besonders lange brauchen.
Bürgermeister: „90 Prozent ignorieren das Parkleitsystem“
Der Gemeinde und dem Landkreis ist die Problematik bewusst. „Wir haben schon viel ausprobiert“, sagt Bürgermeister Märkl. Ein Parkleitsystem zeigt eigentlich an, wenn der Parkplatz am Eibsee voll ist. „Aber 90 Prozent ignorieren das“, sagt er. Von 2020 bis 2023 wurde ein privates Verkehrsunternehmen damit beauftragt, die Straße bei Bedarf zu sperren. Das habe gut geklappt, die Rettungswege waren frei, es gab weniger Staus. Aber am Pfingstmontag 2023 warf die Firma das Handtuch, berichtet Märkl. „Die wurden so oft beschimpft, das wollten sie sich nicht mehr gefallen lassen.“
Vorbild für das 40-Euro-Ticket: ein Tal in Südtirol
Doch jetzt gibt es eine neue Idee. Der Landkreis plant gemeinsam mit allen anderen beteiligten Institutionen, ein Tagesticket einzuführen und die Straße zum Eibsee mit einer Schranke abzusperren. Als Vorbild gilt das Modell des
Tourismusvereins Prags in Südtirol. Dort ist man ebenfalls leidgeprüft – der malerische Pragser Wildsee ist ein Besuchermagnet. Daher gibt es dort schon im zweiten Jahr ein Parkticket für 40 Euro für Autos. Die Hälfte kann in der Gastronomie vor Ort eingelöst werden. „Das klappt sehr gut“, sagt Tourismus-Direktorin Silke Stabinger. Das Verkehrschaos bleibe auch an besucherstarken Tagen aus, das Feedback der Gäste sei positiv. Auch Eibsee-Anwohnerin Katharina Kraus hält das für eine gute Idee. Irgendwann müsse etwas passieren. „Wir leiden sehr darunter.“
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Die Sache hat nur einen Haken, vielleicht sogar mehrere. Zum einen bräuchte es bauliche Veränderungen, etwa einen Kreisverkehr, damit Autofahrer ohne Ticket wieder ins Tal fahren können. Und es gibt auch rechtliche Probleme. Die Straßensperrung müsste der Freistaat Bayern genehmigen. Die Möglichkeit gibt es, teilt ein Sprecher des Verkehrsministeriums mit. Dafür brauche es „überwiegende Gründe des öffentliche Wohls“. Allerdings seien die Voraussetzungen für eine Einschränkung des Gemeingebrauchs sehr hoch. In Grainau rechnet man daher frühestens 2025 mit der Einführung des 40-Euro-Tickets. Das müsste im Vorfeld online gebucht werden. Spontan Anreisende würden rechtzeitig gewarnt, wenn der Parkplatz voll ist. Unklar sind die Details: Muss jemand, der für die Zugspitz-Seilbahn ab dem Eibsee 72 Euro für Berg- und Talfahrt bezahlt, zusätzlich 40 Euro fürs Parken berappen? Oder wird das verrechnet? Laut Bayerischer Zugspitzbahn gibt es darüber noch keine Gespräche.