Berlin. Das Gericht stuft die Poller als rechtswidrig ein. Der Bezirk nimmt die Einschätzung ernst, verteidigt die Entscheidung jedoch.
Nachdem das Verwaltungsgericht die Poller in der Tucholskystraße in Berlin-Mitte für rechtswidrig erklärt hatte (Aktenzeichen: VG 11 L 495/24), teilte die Bezirksverwaltung am Mittwoch mit, die nächsten beiden Wochen nutzen zu wollen, um das Urteil zu prüfen. „Den Beschluss des Verwaltungsgerichts respektieren wir“, teilt Bezirksverkehrsstadtrat Christopher Schriner (Grüne) laut einer Presseerklärung mit. Ob Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt werden, sei derzeit offen und nun Gegenstand der Prüfungen.
Anwohner klagten gegen die Poller in der Tucholskystraße
Schriner nutzt die Erklärung auch dafür, um die Poller, die die Durchfahrung der Tucholskystraße auf Höhe der Auguststraße für Autofahrer verhindert, zu verteidigen. Die Idee dazu sei aus bürgerlichem Engagement heraus entstanden. Zudem gebe es einen politischen Beschluss aus der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Mitte. „Die Straße ist darüber hinaus Teil des landesweiten und auf dem Mobilitätsgesetz basierenden Radverkehrsnetzes und dementsprechend gestaltet. Die Einrichtung der Fahrradstraße mit einer Sperre für den Kfz-Durchgangsverkehr ist ein wichtiger Baustein unserer Strategie, Verkehrssicherheit für Radfahrende und zu Fuß Gehende zu erhöhen“, so Schriner weiter.
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Anwohnerinnen und Anwohner beziehungsweise Inhaberinnen und Inhaber von Gastronomiebetrieben, Galerien und Geschäften des Einzelhandels im Bereich der Tucholskystraße hätten gegen die Poller geklagt, mit der Begründung, die Auguststraße sei für sie nicht mehr uneingeschränkt nutzbar. Sie argumentierten, es gäbe keine Sicherheitsgründe, die diese Modalfilter nötig machten. Das Gericht gab den Antragstellern laut Urteil vom 12. Juli Recht.
„Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit“
„Nach Auffassung der 11. Kammer bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der verkehrsrechtlichen Anordnung“, erklärte das Verwaltungsgericht in einer Pressemitteilung. „Eine die Einrichtung des Modalfilters rechtfertigende qualifizierte Gefahrenlage sei nicht dargelegt.“ Aussagekräftige Verkehrs- oder Unfallzahlen, aus denen sich nach Einrichtung der Fahrradstraße weiterhin bestehende Gefahren ableiten ließen, lägen nicht vor. Die Straßenverkehrsordnung rechtfertigt Verkehrseinschränkungen und -verbote, wenn Sicherheit und Ordnung im Straßenverkehr in Gefahr sind. Nicht gerechtfertigt dagegen sind außerhalb des Straßenverkehrs zu verortende Gefahren oder stadtplanerische Erwägungen.
Das bezirkliche Straßen- und Grünflächenamt hatte die Tucholskystraße im Jahr 2023 zu einer Fahrradstraße umgewidmet. Autofahrer mit Anliegen (Anlieger frei) dürfen die Straße weiter durchfahren, Radfahrerinnen und Radfahrer haben jedoch in jedem Fall Vorfahrt. Für alle gilt das Tempolimit von 30 km/h. Zusätzlich ließ das Bezirksamt die nun als rechtswidrig erklärten Poller aufstellen. Ob das Urteil Einfluss auf andere Straßen mit Pollern haben wird, vermochte das Bezirksamt Mitte bis zum Redaktionsschluss am Mittwochabend nicht zu sagen.
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