Putin erleidet Rückschlag: Kursk-Offensive wird für Russlands Wirtschaft „teuer zu stehen“
Die Kursk-Offensive der Ukraine intensiviert ein hartnäckiges Problem der russischen Wirtschaft. Es fehlt nach wie vor Personal an der Front. Und das ist nicht die einzige Herausforderung.
Moskau – Die schweren Kämpfe im Raum Kursk und im Donbass setzen Wladimir Putin zunehmend unter Druck. Ein langwieriges wirtschaftliches Problem könnte dazu führen, dass sich die russischen Truppen nicht mehr lange verteidigen können. Dass Putin für Russlands Wirtschaft den Fachkräftemangel nicht komplett in den Griff bekommen hat, könnte sich jetzt umso mehr rächen.
Russlands Wirtschaft fehlen Arbeitskräfte – auch in Kursk wird es knapp an der Front
Das russische Militär bekommt offenbar nicht genug neue Soldaten, um die Verluste an der Front zu kompensieren. Die Verluste seien so hoch wie zu seit Beginn des russischen Überfalls im Februar 2022 nicht mehr. Das teilten drei mit dem Kreml und dem russischen Verteidigungsministerium nahestehende Personen am 13. August gegenüber Bloomberg mit. Regionale Beamte lassen im Durchschnitt mehr als ein Drittel ihrer Rekrutierungsquoten unbesetzt, sagte eine der Quellen.
Der überraschende militärische Vorstoß der Ukraine in die westliche Region Kursk unterstreicht laut Bloomberg die Herausforderungen, vor denen der Kreml im dritten Jahr des Krieges steht. Zweifellos hat die Kursk-Offensive dazu beigetragen, dass die russische Armee verstärkt mit Engpässen beim Personal und bei der Ausrüstung kämpfen muss. Auch die Ukraine muss Verluste hinnehmen, doch für Russlands Wirtschaft dürfte die Offensive in Kursk noch größere Auswirkungen haben. Der sich verschärfende Mangel an Soldaten für den Krieg in der Ukraine hat Russland bereits veranlasst, die Rekrutierungsprämien zu erhöhen, um eine Wiederholung der unbeliebten Mobilisierung zu vermeiden.
Folgen für Russlands Wirtschaft: Putin will mehr in das Militär investieren
Angesichts des Personalmangels an der Front hatte Putin bereits Versuche unternommen, Freiwillige mit mehr Geld in die russische Armee zu locken. 400.000 Rubel Einmalzahlung (rund 4.200 Euro) erhält jeder, der für einen Einsatz an der Front zwischen dem 1. August 2024 und dem 31. Dezember einen Vertrag unterschreibt, hieß es in einem von Kremlchef Putin unterzeichneten Dekret am 31. Juli 2024. Das ist mehr als das Doppelte der bisher gezahlten 195.000 Rubel. Hinzu kommt ein monatlicher Sold, der deutlich über dem russischen Durchschnittseinkommen liegt. Bislang gibt es laut Bloomberg allerdings kaum Anzeichen dafür, dass die Rekrutierungsversuche funktionieren.
Das Problem: Wenn Putin weiterhin hauptsächlich in das Militär investiert, könnten das auch Auswirkungen auf andere Sektoren der Wirtschaft haben. Experten raten schon lange davon ab, ausschließlich in die militärisch-industriellen Komponenten zu investieren, da dies nicht nachhaltig für die russische Wirtschaft ist.
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Inflation, steigende Gehälter: Folgen des Kursk-Offensive wirken sich auf Russlands Wirtschaft aus
„Ob man nun Arbeitskräfte durch Wehrpflicht abzieht oder sie mit hohen Militärgehältern anlockt, in beiden Fällen läuft man Gefahr, dass es in der zivilen Wirtschaft zu Engpässen kommt“, warnte Edward Hunter Christie, ein ehemaliger Nato-Beamter und Senior Research Fellow des FIIA, gegenüber Euronews. Der Kreml könnte dagegen steuern, doch das wird sich nicht positiv auf Russlands Wirtschaft auswirken. „Letztendlich müssen die Gehälter auch in bestimmten Bereichen der zivilen Wirtschaft steigen. Das alles wird dem russischen Staat teuer zu stehen kommen und auch die Inflation anheizen“, resümiert Christie.
Wenn die russische Armee die Gehälter erhöht, stehen sie außerdem in direkter Konkurrenz mit anderen Branchen, wie der russischen Rüstungsunternehmen, der auch Arbeitskräfte fehlen. Die Rüstungsindustrie müsste dann ebenfalls Gehälter erhöhen, um mehr Arbeitskräfte zu gewinnen. Dies führe zu einem „Wettbewerb um die Löhne“ und würde Putin ebenfalls vor ein Dilemma stellen, welche staatlichen Interessen er priorisieren soll, sagte Mart Kuldkepp, Wissenschaftler an der University College London.
Fachkräftemangel für Russlands Wirtschaft ein großes Problem seit dem Ukraine-Krieg
Nicht nur im Militärdienst fehlt das Personal. Seit dem Ukraine-Krieg ist der Fachkräftemangel in Russland größer geworden. Schätzungen zufolge fehlten Russlands Wirtschaft im Jahr 2023 rund 4,8 Millionen Arbeitskräfte. Unter Berufung auf den Autor der Studie, Nikolai Achapkin, erklärte die russische Zeitung Iswestija, dass der Arbeitskräftemangel in den Jahren 2022 und 2023 drastisch zugenommen habe.
Besonders gefragt seien Fahrer und Ladenarbeiter. Laut Arbeitsminister Anton Kotjakow ist der Arbeitskräftemangel auch in der verarbeitenden Industrie, im Baugewerbe und im Transportwesen stark zu spüren. Nach offiziellen Angaben, die von Iswestija zitiert wurden, stieg die Zahl der unbesetzten Stellen bis Mitte 2023 auf 6,8 Prozent der Gesamtbelegschaft, gegenüber 5,8 Prozent im Vorjahr. (bohy)