Berlin. Ralf Schumacher liebt einen Mann. Wird Ex-Frau Cora so zur tragischen Figur? Ein Experte erklärt die Folgen eines späten Coming-Outs.
Ex-Rennprofi Ralf Schumacher liebt einen Mann. In den sozialen Medien hat er sich nach zweijähriger Beziehung öffentlich zu seinem Partner Etienne bekannt. Zuvor war er bereits vierzehn Jahre lang mit einer Frau, seiner Ex Cora Schumacher, verheiratet, bekam gemeinsam mit ihr einen Sohn. 2015 ließen sich die beiden schließlich scheiden. Was macht das mit einer Frau, wenn sich der Ex-Mann dem anderen Geschlecht zuwendet?
Eine Untersuchung im Rahmen eines Projekts des Lesben- und Schwulenverbandes LSVD hat gezeigt, dass Frauen wie Männer das Coming-Out ihres Partners nach jahrelanger heterosexuell gelebter Beziehung „als enorme Herausforderung und Lebenskrise“ erleben. Im Vergleich zu Eltern, Kindern oder Geschwistern, sei die Belastung durch ein spätes Offenbaren der Homosexualität für die Ex-Partnerinnen und Ex-Partner am größten, so das Fazit.
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Schumachers Coming-Out eine Erklärung für Ralf und Coras Scheidung?
Auch der Berliner Psychologe, Paar- und Sexualtherapeut Wolfgang Krüger ist überzeugt: „Dass das eine unendliche Enttäuschung und Erschütterung im Leben ist, ist im Grunde völlig klar. Das kann man überhaupt nicht wegdiskutieren.“ Dennoch weiß er aus Erfahrung, dass eine Trennung im Nachhinein oft leichter akzeptiert werden könne, wenn sich die sexuelle Orientierung als Grund dafür herauskristallisiert. „Es gibt eine Erleichterung, weil die Ex-Partner das Gefühl haben, die Trennung hat mit ihnen als Person nichts zu tun.“ Ein Kämpfen um die Beziehung hätte keinen Sinn ergeben.
Die Erkenntnis, dass das Aus der Beziehung mit der Qualität der Ehe vermutlich nichts zu tun hatte, könne bei noch potenziell vorhandenen alten Wunden heilsam sein, meint Psychologe Krüger. „Aber zum anderen spüren die Ex-Partner natürlich genau, dass sie darauf auch keinen Einfluss hatten.“ Das könne neben der Erleichterung gleichzeitig auch als frustrierend empfunden werden.
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Laut LSVD-Untersuchung kommen zu Gefühlen wie Wut und Trauer, Verzweiflung und Enttäuschung dann oft auch noch die Ungewissheit, ob die gesamte Beziehung womöglich nur ein „Alibi“ war. Zur gefühlten Chancenlosigkeit beim „Kampf“ um die Beziehung kämen demnach mitunter Schuldgefühle für die Entwicklung der homosexuellen Neigungen.
Experte über Schuldzuweisungen: „Sexuelle Veranlagung fest verwurzelt“
In Selbsthilfeforen berichten Frauen, deren Ex-Mann sich später als homosexuell outete, gar davon, dass ihnen von ihrem Umfeld unterstellt wurde, als Frau versagt zu haben, von Schuldzuweisungen. Auch Krüger geht von heftigen Sprüchen und Kommentaren gegenüber Cora Schumacher aus, die er selbst in anderen Fällen bereits gehört habe. Etwa: „Bei der wäre ich auch schwul geworden!“ Der Therapeut vermutet, dass Sätze wie diese wohl aktuell zu Hauf bei Männer-Stammtischen fallen, womöglich auf Grund der eigenen verletzten Männlichkeit durch das Coming-Out.
Aus wissenschaftlicher Sicht seien Aussagen wie diese natürlich nicht haltbar. „Dafür gibt es keinerlei Beleg“, betont der Experte. Im Gegenteil. „Die eigene sexuelle Veranlagung ist fest in einem Menschen verwurzelt“, erklärt Krüger. „Je nach Umfeld, in dem man groß wird, ist es jedoch nicht immer möglich, diese Veranlagung ehrlich zu erspüren. Auch ich kenne aus dem Arbeitsalltag Betroffene, die sich lange Zeit, in der sie verheiratet waren, über die eigene Homosexualität nicht im Klaren waren.“
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Im Dschungelcamp berichtete Cora Anfang des Jahres, Ralf sei ihre Sandkastenliebe gewesen. „Ich habe ihn aus Liebe geheiratet“, sagte sie in einem Gespräch mit einer Mit-Camperin. „Bei ihm bin ich mir da nicht ganz so sicher.“ Auch am Dschungel-Telefon machte Cora Schumacher die Beziehung zu ihrem Ex-Mann noch einmal zum Thema: „Es gibt tausende verschiedene Gründe, warum man jemanden heiratet, obwohl man nicht die große Liebe gefunden hat“, sagte sie damals. Sie sei immer ehrlich zu ihm gewesen, beklagte sie. „Andersrum eher nein.“ Ob diese Aussage bereits hinsichtlich seines Coming-Outs zu lesen ist, darüber lässt sich nur spekulieren.
Laut Krüger würden Betroffene, die sich spät outen, innere Anteile regelrecht abspalten müssen. „Sie sind sich selber eigentlich nicht treu gewesen.“ Erst im Laufe der Jahre würden sie selbstbewusster und könnten vielleicht zuvor erlebte Gefühle überhaupt erst bewerten. „Betroffene Männer etwa werden sich dann tatsächlich erst spät darüber im Klaren, dass sie sich eigentlich doch stärker zu Männern hingezogen fühlen. Ihre Ex-Partnerinnen dagegen hatten teils bereits deutlich eher eine Ahnung.“
Scheidung: Spätes Coming-Out erleichtet Freundschaft von Ex-Partnern
Anzeichen, dass sich Ralf Schumacher vor oder zu Beginn seiner Ehe auch oder primär zu Männern hingezogen fühlte, lassen sich öffentlich zunächst nicht finden. Vielmehr betonte der Ex-Formel-1-Profi in einem Interview mit der Bild-Zeitung nach den Dschungelcamp-Äußerungen im Januar, er sei davon ausgeganngen für immer mit Cora zusammenzubleiben. „Wenn man die Entscheidung trifft, zu heiraten oder mit seiner Partnerin ein Kind zu bekommen, plant man in der Regel, seine Zukunft langfristig gemeinsam zu gestalten. Wenn das nicht funktioniert, ist das natürlich schade“, sagte er und bezeichnet die Trennung von seiner Ex-Frau als seine „größte Herausfoderung“.
Etwa acht Jahre nach der Scheidung habe man nun ein akzeptables Verhältnis, so Schumacher über Ex-Frau Cora. „Wir leben mittlerweile beide unser eigenes Leben, und wir verstehen uns inzwischen auch wieder ganz gut. Wir haben mal mehr, mal weniger Kontakt, aber das ist ja auch normal“, sagte Ralf Schumacher im Gespräch mit der Zeitung.
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Cora Schumacher: Das bedeutet ihr Schweigen zu Ralf
„Es ist häufig so, dass Frauen, die erleben, dass ihr Mann sich als homosexuell outet, hinterher mit diesem Mann eine sehr enge Freundschaft beginnen“, sagt Psychologe Krüger. „Sie haben im Grunde das Gefühl, dass sie das, was in der Ehe positiv war, hinterher bewahren können.“ Seine Erklärung: Die Kränkung, verlassen worden zu sein, sei bei einem Coming-Out meist nicht so stark „oder gar nicht da“. Das mache es leichter, eine solche Beziehung als Freundschaft fortzusetzen.
Dass Cora Schumacher sich zur neuen Beziehung ihres Ex-Mannes noch nicht geäußert habe, wertet er nicht als negatives Signal, als Zeichen einer Kränkung oder eines potenziellen Redeverbots, wie in Medien mitunter schon spekuliert wird. „Promi-Paare, die mit ihrer Beziehung und dem Privatleben in der Öffentlichkeit stehen, haben es ohnehin ungemein schwerer, Probleme zu bearbeiten“, so Krüger. „Aus meiner Sicht als Therapeut wäre es, egal wie, sehr unklug, sich nach dem Outing in irgendeiner Form zum vergangenen Ehe-Leben mit dem Ex-Partner zu äußern. Damit wäre keinem geholfen.“
Zur Person
Dr. Wolfgang Krüger (75) ist Diplom-Psychologe und Psychotherapeut mit eigener Praxis in Berlin. Beziehungsprobleme sind ein Schwerpunkt seiner Arbeit. Zudem veröffentlichte Krüger diverse psychologische Sachbücher – unter anderem zu den Themen Liebe, Partnerschaft und Sexualität.
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