Reichsbürger-Prozess: Urteil gegen krude Staatsbastler aus Pliening – „Keine Ahnung von nichts!“

Startseite Lokales Ebersberg Pliening Reichsbürger-Prozess: Urteil gegen krude Staatsbastler aus Pliening – „Keine Ahnung von nichts!“ Stand: 04.08.2024, 09:37 Uhr Von: Angela Walser Kommentare Drucken Teilen Die vier Angeklagten (vorn) vor dem Landgericht München. Aus Pliening kommt ihre selbst ernannte „Ministerpräsidentin“ (li.) © SIGI JANTZ Vier „Reichsbürger“, die ihren eigenen Pseudo-Staat gegründet haben, wurden zu Bewährungsstrafen
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Reichsbürger-Prozess: Urteil gegen krude Staatsbastler aus Pliening – „Keine Ahnung von nichts!“

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Die vier Angeklagten (vorn) vor dem Landgericht München. Aus Pliening kommt ihre selbst ernannte „Ministerpräsidentin“ (li.)
Die vier Angeklagten (vorn) vor dem Landgericht München. Aus Pliening kommt ihre selbst ernannte „Ministerpräsidentin“ (li.) © SIGI JANTZ

Vier „Reichsbürger“, die ihren eigenen Pseudo-Staat gegründet haben, wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt. Sie haben Pässe und Führerscheine gefälscht und sich als Behörden aufgespielt. In Pliening im Kreis Ebersberg saß die „Ministerpräsidentin“.

Pliening/München – Das Landgericht München II hat eine Gruppe von Reichsbürgern wegen Urkundenfälschung und Amtsanmaßung zu Bewährungsstrafen zwischen 15 Monaten und zwei Jahren verurteilt. Die drei Männer und eine Frau hatten jahrelang an ihrem eigenen Staat gebastelt. Das Quartett hatte sich auf kindlich anmutende Weise eigene Behörden gezimmert, mitsamt eigenen Fahrzeug-Zulassungen und Steuernummern. Damit wollten sie den vorherrschenden Staat ad absurdum führen und vielleicht auch eine Menge Geld an selbigem vorbeimogeln. Von der Landshamer Wohnung der Hauptangeklagten aus, die sich auch als Ministerpräsidentin bezeichnete, wurden zahlreiche Urkunden für den „Bundesstaat Bayern“ verkauft.

300 gefälschte Urkunden verkauft – Steuernummer vom „Bundesstaat Bayern“ kostet Anhänger den Job

Doch ganz so harmlos war ihr Treiben nun auch nicht. Denn als Teil der Reichsbürgerszene hingen sie einem ideologischen Gedankengebilde nach, das „die Gesellschaft infrage“ stelle, sagte Vorsitzender Richter Thomas Lenz in seiner Urteilsbegründung. Letztlich sei diese Ideologie dazu geeignet, die Gesellschaft zu spalten, führte der Richter aus. Und das mache diese Menschen so gefährlich.

Genau diese Entwicklung lässt sich momentan an einem anderen Prozess gegen die Reichsbürger-Szene erkennen. Unter enormen Sicherheits-Vorkehrungen wird dort gegen die Mitglieder jener Vereinigung um Prinz Reuß verhandelt, die sich tatsächlich an Umsturzplänen beteiligt hatten. Im Prozess gegen die Plieninger Community hingegen wurde bereits am zweiten Verhandlungstag das Überwachungs-Personal abgezogen. Offenbar waren die 55-jährige gelernte Bürokauffrau und ihr zwei Jahre älterer Lebensgefährte noch zu sehr mit der Bildung einer „administrativen Regierung“ beschäftigt gewesen. In den Jahren der Erstehung hatten sie knapp 300 Urkunden an ihre neuen Zöglinge verkauft. Auch Steuernummern hatten sie vergeben, die ein Anhänger offenbar bei seinem Arbeitgeber abgab und für den Schnickschnack sofort die Kündigung kassierte.

Dessen ungeachtet, stellte das Quartett Reisepässe und Führerscheine oder auch Staatsangehörigkeits-Ausweise her. Die hatten sie über eine Website des angeblichen Bundesstaats angefordert. Die Bundesrepublik sahen sie nicht als Träger hoheitlicher Gewalt an. Und sie hielten ihn auch nicht als weisungsbefugt für die Bürger ihres „Volksstaates“.

Bewährung dank Geständnis – Richter liest Pseudo-Staatsgründern die Leviten

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Aufgrund ihrer frühen Geständnisse kamen die Angeklagten mit Bewährungsstrafen davon. Damit ersparten sie dem Gericht eine umfangreiche Beweisaufnahme mit langwierigen Zeugenvernehmungen. Gericht und Staastanwaltschaft stützten sich auf eine Detail genaue Dokumentation der Polizei sowie die Beweise, die bei insgesamt fünf Durchsuchungen in Landsham gefunden worden waren. Mildernde Umstände ließ der Richter walten, weil die vier Angeklagten bis dahin einen „eigentlich vernünftigen Lebenswandel“ geführt hatten und nicht durch Vorstrafen aufgefallen waren. Allerdings scheute sich Richter Lenz auch nicht, die Bewährungsstrafen mit deutlichen Worten zu begründen. „Die so genannte Reichsbürgerszene ist eine Plage“, sagte er. Es sei ja nicht von Haus aus strafbar, unsinnige Ideen zu entwickeln, etwa, „wenn Leute, die keine Ahnung von nichts haben“, die absurde Idee von einem neuen Staat kreierten. Aber die Angeklagten seien Teil einer Gesamtszene gewesen, die „unter dem Strich eine Belastung darstellt.“

Mit den Bewährungsstrafen dürfen sich die Angeklagten keinen Fehltritt mehr leisten. Schon beim kleinsten Vergehen wie der Verwendung bestimmter einschlägiger Begriffe wie „Volksstaat Bayern“, „Volksstamm der Germaniten“ oder „administrative Regierung“ gegenüber den staatlichen Behörden, kann die Bewährung sofort widerrufen werden.

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