„Schlechtere Qualität und höhere Preise“: Ampel-Koalition provoziert Bahnpreis-Explosion

Startseite Wirtschaft „Schlechtere Qualität und höhere Preise“: Ampel-Koalition provoziert Bahnpreis-Explosion Stand: 21.08.2024, 08:20 Uhr Von: Wolfgang Mulke Kommentare Drucken Teilen 5,36 Euro zahlt ein schwerer Güterzug pro Kilometer an die Bahn-Tochter Infra Go. © IMAGO/Arnulf Hettrich Mit der Einigung auf den Haushalt droht eine drastische Erhöhung der Trassenpreise. Die Empörung in der Transportindustrie ist enorm, die
„Schlechtere Qualität und höhere Preise“: Ampel-Koalition provoziert Bahnpreis-Explosion
  1. Startseite
  2. Wirtschaft

„Schlechtere Qualität und höhere Preise“: Ampel-Koalition provoziert Bahnpreis-Explosion

Kommentare

5,36 Euro zahlt ein schwerer Güterzug pro Kilometer an die Bahn-Tochter Infra Go.
5,36 Euro zahlt ein schwerer Güterzug pro Kilometer an die Bahn-Tochter Infra Go. © IMAGO/Arnulf Hettrich

Mit der Einigung auf den Haushalt droht eine drastische Erhöhung der Trassenpreise. Die Empörung in der Transportindustrie ist enorm, die Güterbahnen befürchten sogar ihren Untergang.

Eine Lokfahrt kostet 2,12 Euro pro Kilometer, für einen Kilometer mit einem sehr schweren Güterzug muss dessen Betreiber 5,36 Euro an die Bahn-Tochter Infra Go überweisen, die für das Netz zuständig ist. Umsonst dürfen auch der Fernverkehr oder Nahverkehrszüge das Schienennetz in Deutschland nicht befahren. Denn die Trassen sollen wirtschaftlich betrieben werden. Auch der Erhalt finanziert sich nicht von alleine. Doch die Höhe der Trassenpreise bestimmt auch, ob Transporte von Menschen und Gütern auf der Schiene wettbewerbsfähig sind. Da hier in den kommenden Jahren eine drastische Anhebung droht, schlagen die Bahnunternehmen und Verbraucherschützer:innen Alarm.

Erhöhung der Preise bei der Deutschen Bahn: Haushalts-Einigung ist schuld

Anlass der Sorgen sind die von Infra Go nun genannten Trassenpreise für das Jahr 2026. Danach sollen die Nahverkehrsunternehmen 23,5 Prozent, der Fernverkehr 10,1 Prozent und der Güterverkehr 14,8 Prozent mehr pro Kilometer bezahlen. Die Zahlen sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern die Folge einer komplizierten rechtlichen Regelung einerseits, und eines Kniffs der Ampel im jüngsten Haushaltskompromiss andererseits.

Gesetzlich ist geregelt, dass die Netzgesellschaft ihr Eigenkapital mit 5,9 Prozent verzinsen muss. Lange Zeit konnte die jährliche Preissteigerung bei etwa zwei Prozent gehalten werden, weil das Eigenkapital unverändert blieb. Notwendige Investitionen wurden vom Bund durch Zuschüsse finanziert. Nun erhöht die Ampel anstelle eines Zuschusses das Eigenkapital von Infra Go. Damit steigt auch zwangsläufig die fällige Verzinsung. Laut Infra Go entsteht für 2026 so ein Zielerlös von knapp acht Milliarden Euro, fast 20 Prozent mehr als bisher. Den müssen die Bahnunternehmen über die Trassenpreise aufbringen.

„Schwerer Fehler“: Unternehmen drohen massenhaft zu sterben

Es wird noch komplizierter. Denn gesetzlich geregelt ist eine Deckelung der Preissteigerungen für den Nahverkehr. Hier dürfen maximal 0,6 Prozent im Jahr draufgeschlagen werden. Dadurch fehlende Erlöse müssen die beiden anderen Sparten Fern- und Güterverkehr schultern. Den hier aktiven Unternehmen, der Deutschen Bahn selbst, bleibt gar nichts anderes übrig, als ihrerseits die Preise für ihre Kunden drastisch anzuheben. So sieht es zumindest erst einmal auf dem Papier aus. Denn abschließend beschlossen ist noch nichts.

Der Unmut ist jedoch groß. „Die jetzige Entscheidung ist ein schwerer Fehler“, warnt der Vizepräsident der Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), es drohe „ein Massensterben der Unternehmen.“ Das Trassenpreissystem kollabiere, befürchtet Peter Westenberger, Chef des Verbands Die Güterbahnen. In den Folgejahren drohen noch absurdere Preiserhöhungen. Er fordert, die Koppelung der Gewinnerwartung an die Höhe des Eigenkapitals abzuschaffen. Das wäre mit einer Änderung des Eisenbahnregulierungsgesetzes möglich.

„Chaos bei der Bahn muss endlich ein Ende haben“: Verbraucherzentrale alarmiert

Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) ist aufgeschreckt. „Schlechtere Qualität und höhere Preise – das geht nicht zusammen“, kritisiert VZBV-Chefin Ramona Pop, „das Chaos bei der Bahn muss endlich ein Ende haben.“ Die Nahverkehrsunternehmen hoffen immer noch auf den Deckel, der ihnen happige Preiserhöhungen erspart. Schon jetzt stehen viele von ihnen finanziell schlecht da, auch weil das 49-Euro-Ticket ihre Einnahmen schmälert. Im schlimmsten Fall müssten Verkehre eingestellt werden, heißt es aus der Branche.

Das will die Bundesregierung auch verhindern. Derzeit laufen dazu Gespräche, etwa über eine Absenkung des Erlösziels auf zwei Prozent des Eigenkapitals, die sich Verkehrsminister Volker Wissing auf die Fahne geschrieben hat. Ob das zur Besänftigung der betroffenen Unternehmen reicht, wird das weitere Verfahren zeigen. Denn zunächst einmal wird Infra Go die Preissteigerungen bei der Bundesnetzagentur beantragen. Danach nehmen alle Beteiligten dazu Stellung. Das tatsächliche Ergebnis steht erst am Ende dieses Verfahrens. Zudem klagt Infra Go noch gegen einen wesentlichen Punkt der geltenden Regelung. Die Netzgesellschaft will den Deckel für die Nahverkehrsunternehmen kippen. Es könne nicht sein, dass die vom Staat finanzierten Verkehre zulasten der privaten Bahnen bevorzugt werden, argumentieren die Kläger.

Auch interessant

Kommentare

Teilen

Total
0
Shares
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Verwandte Beiträge
Willkommen in Adeles Welt: So lief der erste Tag im neuen Freizeitpark vor der Konzertarena
Mehr lesen

Willkommen in Adeles Welt: So lief der erste Tag im neuen Freizeitpark vor der Konzertarena

Startseite Kultur Willkommen in Adeles Welt: So lief der erste Tag im neuen Freizeitpark vor der Konzertarena Stand: 02.08.2024, 20:54 Uhr Von: Katja Kraft Kommentare Drucken Teilen Vor dem Adele-Konzert geht’s im Kettenkarussell rund. © kjk Bereits vor dem ersten Konzert hat die „Adele World“ in München-Riem eröffnet. Wir haben den Freizeitpark vor der Konzertarena besucht.
CSD in Hamburg: Große Übersicht über den Höhepunkt der Pride Week!
Mehr lesen

CSD in Hamburg: Große Übersicht über den Höhepunkt der Pride Week!

Bunte Truppe: Mehr als 200.000 Menschen nahmen im vergangenen Jahr am Hamburger CSD teil. (Archivbild) Foto: IMAGO/Funke Foto Services 3.08.2024 / 11:32 Von: Elias Lübbe CSD in Hamburg: Große Übersicht über den Höhepunkt der Pride Week! Die Hamburger Pride-Week steuert auf ihren Höhepunkt zu: Am Samstag, 3. August, der Christopher Street Day (CSD) in Hamburg
Warum ARD und ZDF den Olympia-Medaillenspiegel nur so selten zeigen
Mehr lesen

Warum ARD und ZDF den Olympia-Medaillenspiegel nur so selten zeigen

Startseite Sport Sport A-Z Warum ARD und ZDF den Olympia-Medaillenspiegel nur so selten zeigen Stand: 10.08.2024, 12:42 Uhr Von: Christoph Gschoßmann Kommentare Drucken Teilen Olympia ohne Medaillenspiegel? Was jahrelang unmöglich schien, ist nun fast schon Realität. Im TV sucht man das Ranking meist vergebens. Paris – Die Olympischen Sommerspiele 1976 in Montreal lösen bei so
Hunde im Auto, Besitzer beim Shoppen – ein Tier stirbt
Mehr lesen

Hunde im Auto, Besitzer beim Shoppen – ein Tier stirbt

Hunde sollten bei Hitze in keinem Fall alleine im Auto gelassen werden. Foto: picture alliance/dpa/Matthias Balk Zweibrücken 20.07.2024 / 18:25 Hunde im Auto, Besitzer beim Shoppen – ein Tier stirbt Tierretter informieren die Polizei: Zwei Hunde sollen bei Hitze alleine in einem Fahrzeug ausharren. Mit tragischen Folgen. Bei hohen Temperaturen sind laut Polizei zwei Hunde