Berlin. Eine Studie hat untersucht, wie sich die Jobsituation ukrainischer Geflüchteter in Europa unterscheidet – und welche Faktoren zählen.
Transferleistungen wie etwa das Bürgergeld wirken sich laut einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) kaum auf die Beschäftigungsquote der ukrainischen Geflüchteten aus. Eine Studie, die am Mittwoch veröffentlicht wurde, hat untersucht, wie groß die Unterschiede bei der Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter in den europäischen Ländern sind und welche Faktoren dafür relevant sein könnten.
Für die Untersuchung analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Beschäftigungsquoten der ukrainischen Geflüchteten in insgesamt 26 europäischen Ländern in einem Zeitraum von Ende 2022 bis Anfang 2024. Das Ergebnis: Deutschland lag sowohl 2022 als auch 2024 im europäischen Mittelfeld. Ende 2022 lag die Beschäftigungsquote hierzulande bei knapp 20 Prozent. Spitzenreiter waren Litauen mit 57 Prozent und Großbritannien mit 56 Prozent. Deutlich schlechter war die Situation hingegen in Ländern wie Kroatien, Norwegen, der Schweiz oder Spanien, wo die Beschäftigungsquote jeweils unter 15 Prozent lag.
Ukrainische Geflüchtete: Kinderbetreuung wichtig für Beschäftigungsquote
Während die Zahlen im Jahr 2023 allerdings in einigen Ländern stagnierten oder sogar wieder sanken, stiegen sie in Deutschland kontinuierlich weiter an. Im ersten Quartal 2024 hatten hierzulande demnach bereits 27 Prozent der Ukrainerinnen und Ukrainer einen Job.
Einen positiven Einfluss auf die Beschäftigungsquote hatte laut der Untersuchung unter anderem die Nachfrage nach niedrig qualifizierten Arbeitskräften. Negativ wirkten sich hingegen eine hohe Arbeitslosenquote oder eine strenge Regulierung des Arbeitsmarktes aus. Auch die Kinderbetreuung spielt demnach eine wichtige Rolle. In Ländern mit einem guten Betreuungsangebot arbeiteten mehr Geflüchtete. Auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, also etwa Unterstützungsprogramme bei der Jobsuche, wirkten sich demnach positiv aus. Gleiches gilt für den Zugang zu Gesundheitsleistungen.
- Atom: Kreml droht: Raketen auf Ziele in Europa – Berlin im Visier?
- Opferzahlen: Putins Blutzoll: 70.000 Soldaten in zwei Monaten verloren
- Militärexperte: Masala: „Russen verlieren überproportional viele Soldaten“
- UNO: Zynisches Dinner: Russland schockiert mit Ukraine-Menü
- Waffenhilfe: Nato macht Ukraine neue Zusagen – doch reicht das für den Sieg?
- Ukraine: Pilot sollte Bomber für zwei Millionen Dollar entführen
Studie: Kein signifikanter Zusammenhang zwischen Transferleistungen und Beschäftigungsquote
Einer der wichtigsten Faktoren waren laut der Studie außerdem soziale Netzwerke. In Ländern, in denen bereits vor dem russischen Angriff auf die Ukraine mehr ukrainische Staatsangehörige lebten, war die Beschäftigungsquote der Geflüchteten höher. Das unterstreiche „die Bedeutung etablierter Gemeinschaften und die Unterstützung durch soziale Kontakte“, heißt es in der Untersuchung.
Ein Zusammenhang zwischen der Beschäftigungsquote und den Pro-Kopf-Ausgaben, also etwa Transferleistungen wie Bürgergeld, konnte hingegen nicht nachgewiesen werden. Dieser sei gering und „nicht statistisch signifikant“, schreiben die Autorinnen und Autoren. „In der aktuellen Debatte werden Transferleistungen häufig als wichtigster Faktor für die Beschäftigungsquote angeführt. Diesen Zusammenhang haben wir in der Studie allerdings nicht gesehen“, sagt Yuliya Kosyakova, Bereichsleiterin am IAB und Mitautorin der Studie.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
Hinter den Kulissen der Politik – meinungsstark, exklusiv, relevant.
Die Studie zeige allerdings deutlich die Wirksamkeit unterschiedlicher Integrationsansätze. „Wir sehen in den Ländern, die auf den ‚Job-Zuerst‘-Ansatz setzen, kurzfristig einen starken Anstieg der Beschäftigungsquoten“, erläutert Kosyakova. Längerfristig würden dann allerdings häufig Länder, die auf eine nachhaltige Integration, also „Sprache-Zuerst“ setzen, aufholen. Die Studienautoren kommen deswegen zu dem Schluss, dass Deutschland lang- und mittelfristig das Potenzial habe, die Beschäftigungsquote deutlich zu erhöhen.