Umfragen zur US-Wahl zeigen Trend: Herkunftsdebatte wird für Harris zum unerwarteten Vorteil
Trump attackiert Harris und zweifelt offen ihre Herkunft an. Ist der Republikaner in Sorge, Wählerstimmen zu verlieren?
Washington, D.C. – Im US-Wahlkampf setzt Donald Trump vor allem auf persönliche Attacken gegen die Demokratin Kamala Harris. Dabei wirft Trump Harris auch vor, sich ethnischen Gruppen aus politischen Gründen anzubiedern.
„Sie war immer indischer Abstammung und hat nur mit ihrer indischen Abstammung geworben“, sagte Trump. Nun aber scheine es so, als ob sie sich als Schwarze identifizieren wolle. „Also ich weiß es nicht: Ist sie indisch oder ist sie schwarz?“, fragte Trump. Er respektiere beides, sie aber offensichtlich nicht. „Ich glaube, das sollte sich jemand anschauen.“ Trump wurde prompt Rassismus vorgeworfen. Der Republikaner befürchtet wohl auch, dass Harris bei bestimmten Wählergruppen womöglich entscheidende Vorteile haben könnte.
„LOTUS for POTUS“: Gruppe sammelt Spenden für Harris
Harris ist Tochter eines jamaikanischen Vaters und einer indischen Mutter. Sie identifiziert sich sowohl als schwarz als auch als indisch. Sollte Harris die US-Wahl am 5. November gewinnen, wäre sie nicht nur die erste Frau in dem Amt, sondern auch die erste Person mit asiatischen Wurzeln und das zweite schwarze Staatsoberhaupt.
Fachleute gehen nun davon aus, dass Harris eine Wählergruppe mobilisieren könnte, berichtet das Portal Newsweek – und zwar Wahlberechtigte indischer Herkunft.
Vergangene Woche hat der Spendenaufruf einer Gruppe südasiatischer Frauen in Unterstützung für Kamala Harris innerhalb weniger Stunden mehr als 250.000 US-Dollar zusammenbekommen. Ihr Schlachtruf: „LOTUS for POTUS“. Das berichtet NBC News. Der Name „Kamala“ ist nämlich Sanskrit und bedeutet so viel wie „Roter Lotus“. POTUS steht für „President of the United States“, also Präsident oder Präsidentin der Vereinigten Staaten. Zu dieser Gruppe gehört auch Pramila Jayapal, eine von fünf Kongressabgeordneten indischer Herkunft.
Harris muss „Identität mit politischen Positionen verbinden“
Doch ihre Identität bedeutet nicht, dass sie die Stimmen dieser Wählergruppe auch bekommt. Darauf allein könnten sich Kandidatinnen und Kandidaten nicht verlassen, sagt Pawan Dhingra vom Amherst College in Massachusetts gegenüber Newsweek. Harris „muss zeigen, dass sie über die Anspielungen auf Kokosnussbäume hinaus die Probleme der indischen Amerikaner und anderer asiatischer Amerikaner versteht“, so Dhingra. „Indem sie ihre Identität mit ihren politischen Positionen verbindet, kann sie die Menschen effektiver dazu bewegen, für sie zu stimmen.“
Da US-Amerikaner mit asiatischem Hintergrund eher für Demokraten stimmen als für Republikaner, sei Harris in dieser Hinsicht in einer guten Ausgangsposition. Und im Gegensatz zur Republikanerin Nikki Haley, die sich zu Beginn des Jahres noch Hoffnungen auf die Präsidentschaftskandidatur gemacht hatte, gehe Harris mit ihrer Identität offen um. Haley wiederum hatte sich eher davon distanziert, meint Dhingra.
Kann eine Wählergruppe könnte die US-Wahl zugunsten von Harris entscheiden
Wie wichtig ist diese Wählergruppe nun? Umkämpfte Bundesstaaten wie Arizona, Georgia, Nevada und Michigan haben große indisch-amerikanische Gemeinden, die Harris zum Einzug ins Weiße Haus verhelfen könnten, berichtet Newsweek. Das Portal verweist auf eine Umfrage von 2020, wonach etwa sechs von zehn US-Amerikanern mit indischer Herkunft angaben, dass sie für einen indischen Kandidaten oder eine Kandidatin stimmen würden. Der Mobilisierungseffekt falle größer aus als bei anderen Bevölkerungsgruppen anderer Herkunft, erklärte Professorin Sara Sadhwani vom Pomona College, die sich auf solche Effekte bei der Wahl spezialisiert.
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Vor seinem Rückzug von der Kandidatur war US-Präsident Joe Biden in Umfragen im Vergleich zu 2020 in der Gruppe der „Asian Americans“ um acht Prozentpunkte gefallen, berichtet NBC News. Fast zwei Drittel tendieren einer Umfrage des Pew Research Centers zufolge generell zur Demokratischen Partei. Nun liegt es an Harris, ihre Vorteile zu nutzen und zur US-Wahl umzusetzen. Was allerdings nicht einfach werden dürfte: Denn ihre Umfragewerte als Vizepräsidentin sind bis heute nicht besonders gut gewesen. (lrg/afp)