Berlin. Hier eine E-Mail checken, da kurz telefonieren: Vielen fällt es im Urlaub schwer, richtig zu entspannen. Ein Psychologe hat Rat.
- Urlaub ist die Zeit, die wir zum Abschalten nutzen sollten
- Viele können den Arbeitsalltag nicht hitnersich lassen
- Ein Psychologe verrät, wie Sie Ihren Urlaub maximal entspannend gestalten
Raus aus dem Alltagsstress, rein in die Erholung – die Zeit des Sommerurlaubs hat in Deutschland wieder begonnen. Während sich die einen auf drei Wochen am Strand freuen, entscheiden sich andere lieber für einen kurzen Städtetrip oder einen herausfordernden Aktivurlaub in den Bergen.
Doch welche Urlaubsform bringt am Ende mehr Erholung? Der Arbeitspsychologe Hannes Zacher erklärt im Interview, was viele von uns im Urlaub falsch machen und ob man wirklich wegfahren muss, um die Batterien wieder aufzuladen.
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Für viele Deutsche steht der Sommerurlaub bevor. Wie viel Zeit sollte ich einplanen, um wirklich erholt zurückzukommen?
Prof. Dr. Hannes Zacher: Es sollten mindestens ein bis zwei Wochen sein, um für einige Zeit etwas anderes als bei der Arbeit machen und erleben zu können. Viel wichtiger als die Quantität ist für die Erholung aber, dass die Zeit qualitativ hochwertig genutzt wird.
Urlaub: Diese vier Faktoren sorgen für die größte Erholung
Und wie gelingt das?
Zacher: Die Forschung hat vier Faktoren identifiziert, die zur Erholung beitragen: Erstens sollte man psychisch von der Arbeit abschalten, also an andere Dinge denken und keine E-Mails im Urlaub checken. Zweitens ist es sinnvoll, sich im Urlaub öfters zu entspannen und nicht nur von einer Sehenswürdigkeit zur anderen zu hetzen. Drittens erholen sich Menschen besser, die im Urlaub selbst entscheiden können, was sie mit ihrer Zeit anfangen und nicht ständig Erwartungen anderer erfüllen müssen. Viertens ist es auch im Urlaub wichtig, Erfolgserlebnisse zu haben, zum Beispiel eine lange geplante Wanderung zu unternehmen oder eine Fremdsprache auszuprobieren.
Was macht es mit meinem Erholungsgefühl, wenn ich im Urlaub dann doch mal die Arbeitsmails lese?
Zacher: Grundsätzlich sollte man, so gut es geht, von der Arbeit und dem Alltag abschalten und auch einmal nicht erreichbar sein, aber das ist nicht für alle und immer möglich. Manche Menschen – sogenannte „Integrierer“ – stört es auch weniger, Arbeit und Urlaub zu vermischen als sogenannte „Separierer“, die diese Lebensbereiche strikt trennen möchten. Wichtig ist vor allem, die Arbeit im Urlaub zu begrenzen und nicht zu denken, man sei unabkömmlich.
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Keine Erholung trotz Urlaub? Diese Fehler sollten Sie vermeiden
Das klingt, als könne man im Urlaub unbewusst viel falsch machen?
Zacher: Viele Menschen haben unrealistische Erwartungen an die Erholung während und durch den Urlaub. Das liegt häufig an dem starken Kontrast zwischen dem stressigen Job und der langersehnten freien Zeit. Aber auch im Urlaub gibt es Dinge zu planen und zu erledigen. Die eigenen Vorstellungen von der Urlaubsgestaltung müssen mit denen der Familie oder von Freunden vereinbart werden und wenn es Probleme oder Konflikte gibt, muss man diese im Urlaub lösen. Die Forschung zeigt zudem, dass der Erholungseffekt durch den Jahresurlaub schnell verpufft, meistens schon nach einer Woche. Und: Wenn man nach dem Urlaub mit zu hohen Arbeitsanforderungen konfrontiert ist, hält der Urlaubseffekt noch kürzer an.
Unser Experte
Hannes Zacher ist Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie am Wilhelm-Wundt-Institut für Psychologie der Universität Leipzig. Er promovierte an der Justus-Liebig-Universität Gießen und arbeitete anschließend an Universitäten in Australien und den Niederlanden. In seinem Forschungsprogramm untersucht er die Themen berufliche Gesundheit und Wohlbefinden, proaktives und adaptives Arbeitsverhalten, Altern im Arbeitskontext und Laufbahnentwicklung, sowie umweltfreundliches Verhalten in Organisationen.
Wie lässt sich die Urlaubserholung nach dem Urlaub verlängern?
Zacher: Man kann darauf achten, dass der erste Tag nach dem Urlaub kein Montag oder Dienstag ist. Dann ist mit dem Wochenende die nächste Erholungszeit in Sicht. Man kann auch Erinnerungen aus dem Urlaub mit zur Arbeit bringen und mit dem Team teilen. Wichtig ist weiterhin, während der Arbeit regelmäßig Pausen einzulegen und sich am Feierabend gut zu erholen. Dabei sollte man überlegen, wie man das Abschalten, die Entspannung, Entscheidungsmöglichkeiten und Erfolgserlebnisse bestmöglich in die Arbeit und den Alltag integriert. Regelmäßige Erholung im Alltag ist genauso wichtig wie die Erholung im Jahresurlaub.
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So teilen Sie sich Ihren Urlaub am besten ein
Sollte ich besser mehrere Wochen am Stück Urlaub nehmen oder lieber öfter kleine arbeitsfreie Phasen einplanen?
Zacher: Lieber öfter kleine Auszeiten, wie etwas verlängerte Wochenenden, über das Jahr verteilen, als alle Erholungserwartungen auf den Jahresurlaub zu projizieren. Die menschliche Energie ist wie eine Batterie, die man kontinuierlich durch Erholungspausen im Alltag aufladen sollte. Beim Jahresurlaub gilt nicht „viel hilft viel“. Eine Ausnahme sind Personen, die sich chronisch ausgebrannt fühlen – hier kann eine längere Auszeit dabei helfen, neue Perspektiven auf die Arbeit und das Leben zu gewinnen.
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Muss ich für die maximale Entspannung wirklich wegfahren?
Zacher: Nein. Aber ein Tapetenwechsel ist für die genannten Erholungserfahrungen bei vielen hilfreich, weil die andere Umgebung weniger an den Alltag erinnert. Aber auch auf Balkonien kann man abschalten, entspannen, seine Zeit aktiv gestalten und Erfolgserlebnisse haben. Zu Hause fallen zudem andere Stressfaktoren, wie etwa lange Reisezeiten oder Probleme mit der Unterkunft weg.
Worauf sollte ich bei der Urlaubsgestaltung zu Hause achten?
Zacher: Wichtig ist vor allem, von der Arbeit abzuschalten und möglichst andere Anforderungen zu haben als die, die an einen bei der Arbeit gestellt werden. Wer also viel geistig arbeitet, könnte sich im Urlaub stärker körperlich betätigen. Wer viel körperlich arbeitet, kann sich zu Hause mit einem Buch entspannen. Wer im Job wenig soziale Kontakte hat, kann sich mit Familienmitgliedern, Freundinnen und Freunden verabreden. Zentral ist, dass man seinen Urlaub bewusst und aktiv gestaltet und nicht erwartet, dass die Erholung von allein kommt.