Vom Online-Vertrag bis zum Social Media Profil: So regeln Sie Ihren digitalen Nachlass

Startseite Wirtschaft Vom Online-Vertrag bis zum Social Media Profil: So regeln Sie Ihren digitalen Nachlass Stand: 19.08.2024, 15:46 Uhr Von: Björn Hartmann Kommentare Drucken Teilen Angehörige oder Erben haben oft keinen Überblick darüber, welche digitalen Dienste jemand genutzt hat. © Moritz Wienert Unser digitales Leben hinterlässt einen komplexen digitalen Nachlass. Ohne eine frühzeitige Regelung kann dies
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Eine Illustration zeigt eine brennende Kerze, die wie ein Mobiltelefon aussieht
Angehörige oder Erben haben oft keinen Überblick darüber, welche digitalen Dienste jemand genutzt hat. © Moritz Wienert

Unser digitales Leben hinterlässt einen komplexen digitalen Nachlass. Ohne eine frühzeitige Regelung kann dies für Erben zu Problemen führen. Experten empfehlen daher, den digitalen Nachlass rechtzeitig zu organisieren.

Mobiltelefon und Internet haben viel vereinfacht. Nachrichten und Fotos lassen sich schnell verschicken, Waren online kaufen, Filme und Serien abonnieren, Geld anlegen. Für diese Dienste gibt es oft keine Verträge mehr auf Papier, vieles läuft rein digital. Sollte jemandem etwas zustoßen, haben Angehörige oder Erben oft keinen Überblick oder Zugriff. Fachleute empfehlen deshalb, den digitalen Nachlass frühzeitig zu regeln.

Was ist der digitale Nachlass?

Über die Jahre sammelt sich im digitalen Leben so einiges an: mehrere E-Mail-Adressen, Zugänge zu Online-Händlern und Bonusprogrammen, zu Buchungsapps von Autovermietern, Fluggesellschaften, Nahverkehrsunternehmen. Man verwaltet vielleicht Versicherungsverträge online, speichert Fotos bei einem Cloud-Anbieter, nutzt bestimmte Internetportale, um nach Ahnen zu forschen, schreibt sich mit Verwandten und Freunden kurze Nachrichten. Alle Verträge, die digital oder online geschlossen wurden, nebst digitalen Inhalten und persönlichen Daten zählen gemeinhin zum digitalen Nachlass.

Warum sollte man sich um den digitalen Nachlass kümmern?

Angehörige oder Erben haben oft keinen Überblick darüber, welche digitalen Dienste jemand genutzt hat. Dabei enden digital geschlossene Verträge nicht automatisch mit dem Tod. Sie gehen auf die Erben über – mit allen Rechten und Pflichten. So müssen Erben zum Beispiel ein Streaming-Abo weiter bezahlen, auch wenn sie gar nicht wissen, dass sie es geerbt haben. Auch die persönlichen Daten bleiben nach dem Tod erst einmal beim Anbieter eines Dienstes und werden nicht automatisch gelöscht. Wer sich frühzeitig um den eigenen digitalen Nachlass kümmert und so viel wie möglich regelt, erspart den Erben also sehr viel Mühe und Ärger. Auch für den Fall, dass man selbst zum Beispiel wegen eines Unfalls oder einer Krankheit nicht entscheidungsfähig ist, hilft es, den digitalen Nachlass zu regeln. Außerdem behält man selbst besser den Überblick über Konten und Verträge.

Wie gehe ich vor?

Die Verbraucherzentralen raten, eine Liste zu erstellen. Dort sollten laufende Verträge, die online verwaltet werden, aufgeführt sein, zum Beispiel Streaming-Abos etwa bei Amazon Prime, Dazn, Netflix, Spotify oder kostenpflichtige Cloud-Dienste etwa von Apple (Icloud), Google (Google Drive) und Microsoft (Onedrive), bei denen Daten gespeichert werden. Auf die Liste gehören auch Dienste, bei denen Daten hinterlegt sind: E-Mail-Anbieter wie Gmail, GMX, T-Online oder Web.de; soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram, Tiktok und X (früher Twitter); Kurznachrichtenprogramme wie Signal, Telegram oder Whatsapp; Online-Händler wie Amazon und Zalando, Online-Bezahldienste wie Paypal. Wichtig: Auch Geräte wie der Computer, der mit einem Passwort geschützt ist, oder Mobiltelefone sollten erfasst werden.

Was soll auf der Liste stehen?

Auf der Liste sollten nicht nur die Anbieter, Benutzernamen und Passwörter hinterlegt sein, sondern auch, was mit dem jeweiligen Konto und den Daten geschehen soll. Bleibt zum Beispiel das Facebook-Profil zum digitalen Gedenken bestehen? Die Liste sollte auf Papier oder auf einem USB-Stick an einem sicheren Ort verwahrt und regelmäßig auf Stand gehalten werden. Ein sicherer Ort kann zum Beispiel ein Bankschließfach oder ein Tresor sein. Eine Musterliste der Verbraucherzentralen finden Sie unter https://www.vzhh.de/me dia/4937 im Netz.

Warum muss ich eine Person bevollmächtigen?

Wichtig ist dann, eine Person des Vertrauens zu benennen, die sich um den digitalen Nachlass kümmert – im Todesfall und auch schon vorher, sollte man nicht in der Lage sein, sich selbst darum zu kümmern. Fachleute von Verbraucherzentrale und Stiftung Warentest raten, die nächsten Angehörigen zu informieren, vor allem, wenn die Vertrauensperson nicht zum Verwandtenkreis gehören sollte. Sie sollte mit einer entsprechenden Vollmacht ausgestattet sein, um den digitalen Nachlass auch wirklich regeln zu können.

Wie muss die Vollmacht aussehen?

Sie kann formlos sein, muss aber Namen, Geburtsdatum und -ort sowie die Adresse der Vollmachtgeberin oder des Vollmachtgebers und ebenso der Vertrauensperson enthalten. Die Vollmacht kann bereits zur digitalen Vorsorge zu Lebzeiten gelten und für den digitalen Nachlass im Todesfall. Sie muss mit Datum versehen und unterschrieben sein. Wichtig: Die Vollmacht sollte „über den Tod hinaus“ gelten. Die Verbraucherzentralen bieten unter https://www.vzhh.de/media/4938 eine Mustervollmacht an.

Brauche ich einen Notar?

Wer sicher gehen will, dass alles rechtlich in Ordnung ist, kann den Umgang mit dem digitalen Nachlass notariell beglaubigen lassen. Das kostet allerdings Gebühren.

Es gibt Anbieter, die Listen digital verwalten. Was ist davon zu halten?

Grundsätzlich ist es bequem, die digitalen Zugänge sauber sortiert und aktuell an einer Stelle im Netz zu bündeln. Solche Angebote kosten meist Geld. Wer sie nutzen möchte, sollte vorher klären, in welchem Land die Daten gespeichert werden und welchem Recht das Unternehmen unterliegt. Wichtig ist auch, zu klären, unter welchen Bedingungen die Erben an die Liste kommen. Die Verbraucherzentralen weisen jedoch darauf hin, dass dann eine fremde Firma den kompletten Überblick über alle Passwörter und das digitale Leben einer Person hat.

Kann man bei digitalen Anbietern Regeln für den digitalen Nachlass hinterlegen?

Einige große Anbieter wie Apple, Google und Meta (Facebook, Instagram, Whatsapp) ermöglichen, bereits zu Lebzeiten zu regeln, wie nach dem Tod mit dem Konto und den Daten umgegangen werden soll und wer darauf zugreifen kann. Die Verbraucherzentralen empfehlen, diese Funktionen zu nutzen. Bei Apple ist das über die zentrale Apple-ID und den Punkt „Kontoinformationen“ möglich. Bei Facebook oben rechts das Dreieck anklicken und „Einstellungen“, dann „Sicherheit“ und „Nachlasskontakt“ wählen. Bei Google geht es über myaccount.google.com, „Daten und Datensicherheit“, „weitere Optionen“.

Was sollte man noch beachten?

Wie in einem Haus oder einer Wohnung auch sammelt sich auch im Netz einiger persönlicher Kram an. Und nicht alles wird genutzt. Deshalb empfehlen die Verbraucherzentralen, von Zeit zu Zeit aufzuräumen. Das vereinfacht das digitale Leben kolossal.

Von Björn Hartmann

Detaillierte Informationen auch zu Kosten für Erben bietet die E-Commerce-Verbindungsstelle des Zentrums für Europäischen Verbraucherschutz unter https://www.ecommerce-verbin dungsstelle.de/internet-auftritt/digitaler-nachlass.html

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