Was Eltern vor der Grundschule tun, entscheidet über späteren Erfolg ihrer Kinder
Schon bevor sie in die erste Klasse kommen, können Kinder unterschiedlich viel. Die Situation der Familie spielt dabei eine Rolle. Ein Experte erklärt, was helfen würde.
Bildungserfolge von Kindern in Deutschland stehen in Zusammenhang mit der sozioökonomischen Situation der Familie, zeigt der Nationale Bildungsbericht, der im Juni in Berlin vorgestellt wurde. Eltern haben den Daten zufolge bereits in der frühen Kindheit einen großen Einfluss auf die Bildungschancen ihrer Kinder.
„Ungleichheiten entstehen nicht dort, wo sie das erste Mal sichtbar werden“, sagt Professor Kai Maaz BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. Er ist Geschäftsführender Direktor des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation – und Sprecher der für den Bildungsbericht verantwortlichen Gruppe von Wissenschaftlern.
Politikerinnen, Eltern und Experten diskutieren Leseschwächen von Viertklässlern aus benachteiligten Familien und schlechte Pisa-Ergebnisse. Dabei beginne es bereits in den ersten drei bis sechs Lebensjahren, dass sich die Kompetenzen von Kindern unterschiedlicher sozialer Herkunft substanziell unterscheiden, sagt Maaz.
Eltern und ihre Kinder: Situation der Familien ist wichtig für Entwicklung – schon vor der Schule
Bereits vor der Grundschule werden wichtige Grundlagen für den Erfolg oder Misserfolg von Bildungslaufbahnen gelegt. Neben Kitas habe auch das häusliche Umfeld zentrale Bedeutung für die Kompetenzentwicklung von Kindern, heißt es im Bildungsbericht. Er wird alle zwei Jahre auf Basis statistischer Daten und sozialwissenschaftlicher Studien erstellt und beschreibt den Zustand des deutschen Bildungssystems.
„Wie häufig wird Kindern vorgelesen oder mit ihnen gesungen? Hier sehen wir Unterschiede je nach soziokultureller Herkunft der Kinder. Diese Dinge sind jedoch enorm wichtig für die Ausprägung der Vorläuferkompetenzen“, sagt Maaz. Vorläuferkompetenzen meint beispielsweise das Recht-Links-Verständnis oder das Entwickeln von Fantasie.
Der Bericht zeigt: Kinder, denen in ihrem häuslichen Umfeld im Alter von drei Jahren mehrmals täglich vorgelesen wurde, wiesen in den nachfolgenden vier Jahren einen umfangreicheren Wortschatz auf als Kinder, denen im selben Alter höchstens einmal in der Woche vorgelesen wurde.
Dies ist ein Artikel von BuzzFeed News Deutschland. Wir sind ein Teil des IPPEN.MEDIA-Netzwerkes. Hier gibt es alle Beiträge von BuzzFeed News Deutschand.
Kitas können helfen: Armut und Arbeitslosigkeit der Eltern kann Erfolg der Kinder gefährden
Der Bericht nennt drei Risikolagen in Familien, bei denen sich ein Zusammenhang mit den Bildungserfolgen der Kinder zeigt: Formal gering qualifizierte Eltern, Eltern, die nicht erwerbstätig sind und Armutsgefährdung des Haushalts. „2022 war fast jede dritte minderjährige Person von mindestens einer dieser drei Risikolagen betroffen“, heißt es im Bildungsbericht.
„Wenn kein Bewusstsein in den Familien gewachsen ist, dass Bildung wichtig ist, ist es schwierig, dort zu unterstützen“, erklärt Maaz BuzzFeed News Deutschland. An diese Familien müsse man erst einmal herantreten, doch dafür müssten die Kinder eine Bildungsinstitution wie eine Kita besuchen. „In der Schule gibt es die Schulpflicht, aber da ist es teilweise schon zu spät“, sagt Maaz. Für frühe Bildung sei es wichtig, hinreichend Plätze zu schaffen, gut ausgebildetes Personal zu haben und die Familien zum Beispiel durch Familienzentren zu erreichen.
Es müssen Bedürfnisse zum Beispiel beim Spracherwerb der Kinder aufgedeckt werden, so Maaz. Und dann brauche es entsprechende Förderungen, die verpflichtend sind. „Um den Kindern die Chance zu geben, dass sie bis zum Schuleintritt über ein Mindestmaß an sprachlicher Kompetenzen verfügen.“